News & Presse
Aktuelles aus unserer Sozietät

Versorgungssicherheit neu ordnen - wenn nicht jetzt, wann dann?
Materialbeschaffung kann insbesondere im Maschinen- und Anlagenbau zum Kampf ums Überleben werden
Ausgangssituation
Plötzlich stockt es gewaltig bei der Materialversorgung
Die Problematik ist eigentlich nicht neu, jedoch war sie selten - oder sogar noch nie - so ausgeprägt wie zu Corona-Zeiten. Weltweit verlängern sich die Lieferzeiten für Rohstoffe und Vormaterial, wichtige Bauteile sind nicht mehr verfügbar. Eine Entwicklung, die weder vorhersehbar noch planbar war. Selbst ein frühzeitiger Aufbau von Lieferalternativen nützt hier relativ wenig, da sie sich ebenfalls der gleichen Situation ausgesetzt sehen. Zudem steht man bei einem Alternativ-Lieferanten nicht unbedingt oben auf der Top-Kunden-Liste.
Zugegeben: Der Hebel der Unternehmen gegenüber den Lieferanten ist aktuell nicht besonders lang, wenn es um die Verhandlungsposition bezüglich kürzerer oder normalen Lieferzeiten geht. Und dennoch: Ähnlich wie bei der Berücksichtigung für eine BioNTech-Impfung ist „Abwarten und über sich ergehen lassen“ die falsche Strategie. Es kommt darauf an, beim Lieferanten bei der „Zuteilung“ der verfügbaren, bzw. eingegangenen Materialien an vorderster Stelle dabei zu sein. Aber, wie kann das gehen?
Kurzfristige Problemlösungen anstreben
Lieferanten bei kritischen Terminverschiebungen auf höchstmöglicher Ebene ansprechen
Ein Gespräch zwischen dem Außendienst des Lieferanten und dem Sachbearbeiter im Einkauf reicht in der Regel nicht aus, um Lieferprobleme zu beheben. Hier ist eine Kommunikation auf höherer, bzw. höchstmöglicher Ebene gefragt. Und dies nicht über einen endlosen E-Mail-Verkehr, sondern möglichst Face-to-Face. Da persönliche Meetings derzeit kaum möglich sind, bieten Videokonferenzen die beste Möglichkeit für einen direkten Austausch, ganz abgesehen davon, dass sie leichter organisierbar sind und Zeit wie Kosten sparen.
In einer solchen Videokonferenz mit den Sachbearbeitern und dem Management beider Seiten sind u.a. folgende Fragen zu thematisieren:
- Was sind die Gründe für die Terminverschiebungen?
- Hat der Lieferant seinerseits Versorgungsprobleme bei Roh- oder Vormaterial?
- Sind die internen Fertigungskapazitäten corona- oder auftragsbedingt nicht ausreichend?
- Welchen Stellenwert hat das abnehmende Unternehmen beim Lieferanten (hierzu Umsätze der letzten Jahre aufbereiten)?
- Welche Maßnahmen werden oder wurden bereits ergriffen, um die Liefertermine (wieder) einzuhalten?
- Wie können offene Bestellungen mit Terminverschiebungen vorgezogen werden?
- Welche technischen oder logistischen Alternativ-Lösungen gibt es?
Erfahrungsgemäß sorgen solche Konferenzen für eine wesentlich bessere Wahrnehmung des Kundenunternehmens beim Lieferanten und dessen Management. Die Probleme können vom Unternehmen (auch emotional) angesprochen werden, wie auch der Verweis auf eine bisher gute (langjährige) Zusammenarbeit. Die Bereitschaft des Lieferanten(-Managements) in einem Face-to-Face-Meeting Lösungen zu entwickeln, steigt erfahrungsgemäß enorm. So können Lösungen diskutiert werden, die vorher nicht zur Debatte standen, bspw. Nutzung von Lagerbeständen, bevorzugte Auftragsbearbeitung, Einsatz von Alternativ-Artikeln, etc. Werden solche Online-Konferenzen sogar für einen gewissen Zeitraum als Jours fixes organisiert, bei denen der jeweils aktuelle Stand der Lieferfähigkeit besprochen wird, so steigen die Erfolgschancen für eine verbesserte Belieferung weiter.
Allerdings ist bei aller Fokussierung auf die Lösung aktueller oder kurzfristiger Versorgungsprobleme auch der Blick in die nähere Zukunft von großer Bedeutung. Die Situation auf dem Weltmarkt wird sich nicht innerhalb weniger Wochen wieder normalisieren.
Mittelfristig Bestellungen planen
Langläufer bereits vor der Freigabe der kompletten Stückliste bestellen
Oftmals wartet in produzierenden Unternehmen die Arbeitsvorbereitung auf die Fertigstellung der kompletten Stückliste aus der Konstruktion und deren Freigabe, bevor sie eine Bestellanforderung für den Einkauf auslöst. Dies kann selbst in „normalen Zeiten“ zu spät sein. Zudem sind die im System hinterlegten Lieferzeiten nicht immer aktuell und können zu einer riskanten Gelassenheit bzgl. des erforderlichen Bestellzeitpunkts führen. Durch eine bevorzugte Bearbeitung in der Konstruktion, der Erstellung einer „Vorab-Stückliste“ und der daraus erstellten Bestellanforderung für den Einkauf kann indessen wichtige Zeit eingespart werden.
Noch besser ist es jedoch, bereits in der Angebotsphase für einen Kundenauftrag oder spätestens bei Auftragserteilung den Einkauf in die Projektbesprechungen einzubeziehen. Der Einkauf kann frühzeitig auf lange oder verlängerte Lieferzeiten bestimmter Materialien oder Vorprodukte - sogenannter Langläufer - hinweisen, die so möglicherweise noch gar nicht im System hinterlegt sind. Auch wenn eine Bestellung zu einem so frühen Zeitpunkt (meist) noch nicht getätigt werden kann, kann sie zumindest beim Lieferanten zur Reservierung entsprechender Fertigungskapazitäten avisiert werden.
Versorgung mit wiederkehrenden Langläufern per Rahmen- oder Abrufauftrag sichern
Bei wiederkehrenden Langläufern bieten sich Abrufe über Rahmenverträge an. In Abhängigkeit der Bedarfszahlen aus den letzten Jahren sowie der Planzahlen des Vertriebs lässt sich der künftige Jahresbedarf abschätzen, ohne ein großes Risiko einer Überversorgung einzugehen. Und selbst wenn im Rahmenvertrag eine zu hohe Jahresabnahme vereinbart wurde, so lässt sich das mit dem Lieferanten in aller Regel klären. Zudem ist es auch für die Lieferanten von Vorteil, langfristig planen zu können.
Verschiebung von Lieferterminen als Warnsignal erkennen
Die regelmäßige Überwachung aller offenen Bestellungen und - möglicherweise wiederholter - Verschiebungen von Lieferterminen ist die Voraussetzung für das frühzeitige Erkennen potenzieller Versorgungsprobleme. Dabei genügt es nicht, Terminverschiebungen einfach ins System einzutragen. Vielmehr muss der Einkauf solche potenziellen Risiken aktiv an das Management melden, damit frühzeitig Maßnahmen eingeleitet werden können.
Termine von „Langläufern“ vorrangig verfolgen
Bei Langläufern handelt es sich meist um Sonderanfertigungen oder Zeichnungsteile, bei denen nicht ohne weiteres Beschaffungsalternativen möglich sind. Über einfache Tools können besonders „kritische“ Artikel und Bestellungen aus dem ERP-System abgefragt werden. Dabei geht es um die Darstellung der Terminhistorie bzgl.:
- Liefertermin in der Bestellung des Unternehmens
- Bestätigter Termin in der Auftragsbestätigung (AB) des Lieferanten
- Dokumentation der (ggf. mehrfachen) Terminverschiebungen
Aber auch:
- Spätest möglicher Termin im Wareneingang für die Bereitstellung in der eigenen Fertigung/Montage
- Eigene Liefertermine für Kundenaufträge und Darstellung möglicher Vertragsstrafen bei Lieferverzug
Langfristig die Versorgungssicherheit neu ordnen
Versorgungsrisiken erkennen und bewerten
Analysen aller Bestellpositionen der vergangenen Jahre können aufzeigen, bei welchen Warengruppen, Artikeln und insbesondere Langläufern Abhängigkeiten zu bestimmten Lieferanten bestehen. Hier muss gezielt angesetzt werden. Neben einer Priorisierung bei der Analyse (z.B. nach Jahresvolumina oder Lieferzeiten) ist es wichtig, bei den Top-Warengruppen bereits bestehende oder bekannte Alternativ-Lieferanten aufzuführen.
Da bei der Beschaffungsanalyse Warengruppen oftmals zu allgemein gefasst sind, Artikel aber zu spezifisch, ist es häufig erforderlich, innerhalb der Warengruppen zusätzlich Artikelgruppen zu definieren und deren Beschaffungsvolumina zuzuordnen. Dies verbessert das Analyseergebnis und erleichtert im Übrigen ein späteres Sourcing nach neuen Lieferanten.
Versorgungsrisiko bei Single Source-Beziehungen ernst nehmen
Das Versorgungsrisiko bei Single Source-Beziehungen wird oft unterschätzt. Hier ist der Ausfall eines Lieferanten für das einkaufende Unternehmen nicht nur schmerzlich, sondern kann ganz schnell existenzbedrohlich werden. Kurzfristige Alternativ-Beschaffungen sind nicht möglich, oder wenn, dann äußerst kostspielig
Um dem Ausfall einer alleinigen Bezugsquelle entgegenzuwirken, sind bei regelmäßigen Audits mit den „Schüssellieferanten“ nicht nur die technischen, logistischen oder qualitätsrelevanten Bedingungen zu prüfen, sondern auch die betriebswirtschaftliche Entwicklung des Lieferanten (Umsätze, Anzahl Mitarbeiter, etc.). Auch Abhängigkeiten des Lieferanten von wenigen Kunden kann ein Risikofaktor sein. Neben den Angaben des Lieferanten sind Abfragen, wie z.B. über die Creditreform kostengünstig und ausgesprochen aufschlussreich.
Preisabhängigkeit in langjährigen Lieferantenbeziehungen bewusst machen
Ein weiteres Ergebnis von Beschaffungsanalysen kann zeigen, dass bei einigen wichtigen Artikel(gruppe)n mit hohem Beschaffungsvolumen womöglich über Jahre hinweg – trotz vorhandener Alternativen – nur von einem Lieferanten bezogen wurde. Es hat immer funktioniert, die Qualität war in Ordnung, Lieferzeiten wurden eingehalten. Also, warum Risiken mit einem Zweitlieferanten eingehen?
Einkaufstechnisch bedeutet dies aber, dass die Jahresverhandlungen mit diesen Lieferanten sich meist auf die Abwehr von Preiserhöhungen beschränken. Aktuelle Vergleichsangebote gibt es ja nicht. Dabei führt allein das Vortragen von besseren Angeboten in den Verhandlungen nicht selten zu Preiszugeständnissen von 5 – 10 Prozent, in manchen Fällen sogar mehr.
Technische Abhängigkeiten in langjährigen Lieferantenbeziehungen erkennen
Gerade für Zeichnungsteile werden häufig (regional ansässige) Firmen als alleinige Lieferanten über Jahre hin beauftragt. Man kennt sich, die Qualität stimmt, der Lieferant weiß auch ohne letzte technische Angaben in der Zeichnung (z.B. Oberflächengüte) genau, was er zu fertigen hat.
Die Motivation, solche Warengruppen über globale Neuausschreibungen zu benchmarken, vor allem aber neue Lieferanten zu qualifizieren, zu auditieren und anzulegen, hält sich in Grenzen. Der Einkauf argumentiert häufig mit nicht darstellbarem Ressourceneinsatz, sowie mit Qualitäts- und Versorgungsrisiken. Die Konstruktion scheut den Aufwand zur „Vervollständigung“ von technischen Zeichnungen und Vorgaben für ein geeignetes Request for Quotation (RFQ) an neue potenzielle Lieferanten. Die Qualitätssicherung sieht einen erhöhten Prüfaufwand im Wareneingang für nicht leistbar.
Dabei lassen Erfahrungswerte, wie z.B. bei der Produktion von Teilen mit Metallbearbeitung auf erhebliche Einsparungspotenziale hoffen. Als Faustregel gelten durchschnittliche Fertigungskosten pro kg nach Region:
- Deutschland: 7,- Euro/kg
- Osteuropa: 4,- Euro/kg
- Asien: 3,- Euro/kg
Strategisch Alternativ-Lieferanten aufbauen
Eine der unbeliebtesten Aufgaben im Einkauf besteht in der Identifizierung, Auswahl, Qualifizierung und Anlage von neuen Lieferanten. Dennoch muss es das Ziel sein, für beschaffungskritische Artikel und Leistungen, bei denen zu den Lieferanten eine (oder zumindest eine Art) Single Source-Beziehung besteht, Lieferalternativen aufzubauen, um im Bedarfsfall einen „Plan B“ zu haben.
Die allgemeine Vorgehensweise besteht in den bekannten Schritten:
- Identifizierung globaler potenzieller Lieferanten für ausgewählte Warengruppen
- Eingrenzung der tatsächlich geeigneten Lieferanten über ein Anfrage-Screening mit Abfrage der Lieferfähigkeit und -bereitschaft, sowie ggf. Unterzeichnung einer Geheimhaltungsvereinbarung (NDA)
- Über die qualifizierten Rückmeldungen wird die Longlist zur Shortlist
- Versand einer detaillierten Anfrage an die Lieferanten aus der Shortlist
- Strukturierte Angebotsvergleiche (inkl. Berücksichtigung der Frachtkosten, da häufig ab Werk (EXW) angeboten wird)
- Erste Verhandlungen mit den Best-Price-Anbietern
- Weitere Eingrenzung und Auswahl eines geeigneten Lieferanten
- Bestellung von Test-Artikeln und Prüfung der gelieferten Qualität und Kommunikation bei der Auftragsabwicklung
- Auditierung des Lieferanten durch interne Teams oder internationale Dienstleister (insb. in Asien)
- Onboarding der neuen Lieferanten
Zur Behebung von akuten Versorgungsrisiken, besser aber noch zur vorbeugenden Stärkung der Versorgungssicherheit, sind häufig die personellen Ressourcen im Einkauf nicht ausreichend. Solche strategischen und ergebnisorientierten Projekte stehen leider oft hinten an. Zudem sind die Mitarbeiter neben dem operativen Geschäft oftmals mit abteilungsübergreifenden Projekten (z.B. Digitalisierung) bereits überdurchschnittlich ausgelastet. Eine zeitnahe und effektive Lösung ist häufig nur durch externe Unterstützung realisierbar.
Fazit
Die aktuelle Situation zeigt, wie wichtig es für Unternehmen ist, die (Vor-)Materialversorgung auf sichere Beine zu stellen. Für relevante Artikel und Bauteile müssen zuverlässige Alternativ-Lieferanten gefunden und erprobt werden. Der Weg zu entsprechenden Fallback-Lösungen ist mühsam und unbeliebt und dennoch unumgänglich, um die störungsfreie Wertschöpfung im eigenen Unternehmen so weit wie möglich zu sichern.
Auf jeden Fall sollte Corona Anlass genug dafür sein, die Versorgungssicherheit auf den Prüfstand zu stellen und nach strategischen Gesichtspunkten zu optimieren.
Deshalb gilt:
Versorgungssicherheit neu ordnen - wenn nicht jetzt, wann dann?
Der Autor:
Berater, Interim Manager und Autor, Partner der taskforce.
DDIM-Vorstandsmitglied, zertifizierter Projektmanager (PRINCE2 und CIM).
Optimierung der Beschaffung, Supply Chain und Prozesse im Maschinen- und Anlagenbau, sowie produzierenden Gewerbe.
Tel: +49 8145 – 9966 40
Mail:
Web: www.taskforce.net
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Interim Manager können grundsätzlich für alle Themengebiete und Funktionen eingesetzt werden
Ein Gespräch mit Joachim Kürten, Geschäftsführer und Vice President Region Central der Albert Berner Group GmbH
Lieber Jo, Du arbeitest seit über zwei Jahren sehr erfolgreich als Geschäftsführer und Vice President Region Central bei der Albert Berner Deutschland GmbH. Zuvor warst Du lange Jahre als Partner ein wertvolles Mitglied der taskforce. Das heißt, Du kennst das Interim Management sowohl aus der Sicht des Managers als auch aus Sicht des Kunden. Was sind nach Deiner Erfahrung die zentralen Vorteile des Interim Managements für Unternehmen?
In der Regel sind Interim Manager sehr gut qualifiziert und verfügen über ein Know-how, das aufgrund ihrer vielschichtigen Einsätze oft sogar breiter ist als bei festangestellten Managern in vergleichbarer Position. Des Weiteren spricht die schnelle und flexible Verfügbarkeit für den Einsatz von Interim Managern, um Vakanzen sowie Kompetenz- und Kapazitätsdefizite nach meist sehr kurzer Einarbeitungszeit zu überbrücken.
Welche Aspekte machen das Interim Management für Manager so attraktiv?
Durch die ausschließliche Verpflichtung gegenüber dem Mandatsziel und dem Auftraggeber können Interim Manager sehr frei agieren und ebenso offen und direkt kommunizieren. Von dieser Unabhängigkeit profitieren gleichzeitig auch die beauftragenden Unternehmen, denn sie gewinnen unvoreingenommene und ungefilterte Einschätzungen ihrer Probleme ebenso wie der notwendigen Maßnahmen.
Welche Beweggründe hattest Du damals, Interim Manager zu werden?
Der Abwechslungsreichtum der Aufgaben und eben genau die eben genannte Unabhängigkeit.
Für welche Themen würdest du als Auftraggeber Interim Manager ins Unternehmen holen?
Für welche Themen denn nicht? (lacht) Interim Manager können grundsätzlich für alle Themengebiete und Funktionen eingesetzt werden. Aber natürlich geht es im Wesentlichen um Projektarbeit und Vakanzüberbrückung.
Hat die Albert Berner Group derzeit Interim Manager engagiert?
Ja mehrere. Die Albert Berner Deutschland GmbH und die Berner Group setzen Interim Manager immer wieder gerne und mit nachweisbaren Erfolgen ein. Wir haben zum Beispiel derzeit über die taskforce zwei Manager im Einsatz.
Zum Schluss: Welche Faktoren sollten Auftraggeber und Interim Manager aus Deiner Sicht in einem Mandat berücksichtigen, um ihre vereinbarten Ziele effektiv zu erreichen?
Das Wichtigste ist, von Anfang an alle Ziele und Erwartungen klar zu formulieren und zu dokumentieren. Zusätzlich sollte man in den ersten vier Wochen engmaschige Abstimmungen vereinbaren. Gerade in dieser Kennlernphase, ist eine zielgerichtete und offene Kommunikation ganz besonders wichtig.
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In der Krise zeigen sich in den Lieferketten erhebliche Risiken
taskforce INTERIM EXECUTIVE Peter Fischer zur wachsenden Bedeutung des strategischen Supply Chain Managements für sichere Lieferprozesse.
Die Pandemie neigt sich langsam dem Ende zu, viele Folgen werden bleiben. Wie haben sich aus Deiner Sicht die Veränderungen von Zulieferung und Nachfrage auf die globalen Lieferketten ausgewirkt?
Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie verletzlich unsere globalen Lieferketten sind. Wenn unerwartet Grenzen geschlossen und Verkehrswege blockiert werden, entstehen lange Laufzeiten für Waren, Knappheit an wichtigen Teilen und daraus resultierend ein hoher Bedarf an Lagerhaltung, was wiederum erheblich auf die Kosten schlägt. Außerdem hat sich durch die weltweit verfügten Beschränkungen und Lockdowns die Mitarbeiterverfügbarkeit geändert. Plötzlich war nicht nur das Material schwieriger zu beschaffen, sondern oft auch die Mitarbeiter zum Beispiel in der Zulieferindustrie und Automobilzulieferindustrie nur begrenzt verfügbar. Gerade in Europa aber auch darüber hinaus sind die Lieferketten weniger an nationalen Grenzen als an Kompetenzen, Ressourcen und Kapazitäten ausgerichtet. Wie störanfällig die sonst kaum beachteten globalen Lieferwege sind, hat uns dann die Havarie des Containerschiffs „Ever Given“ im Suez-Kanal gezeigt. Der verstopfte Kanal zeigte geradezu sinnbildlich die hohen Risiken im Welthandel, wie z.B. längere Laufzeiten, rasant steigende Transportkosten und zunehmende Produktionsausfälle.
Zugleich erleben wir unglaubliche Nachfrageveränderungen. Die meisten Beobachter haben gedacht, dass die Nachfrage pandemiebedingt nachlässt, aber das Gegenteil trat ein. Wichtige Märkte wie China und die USA sind bereits wieder angesprungen und erzeugen eine deutliche höhere Nachfrage, als erwartet. Dadurch sind zum Teil auch einfache Materialien plötzlich zur Mangelware geworden, etwa Naturprodukte wie Holz und Leder, aber auch massengefertigte elektronische Bauteile wie Computerchips. Gerade Chips wurden in der Vergangenheit schon fast wie C-Teile behandelt, da ihr Einkaufspreis so niedrig ist. Jetzt musste man feststellen, dass diese Massenprodukte wichtige Schlüsselkomponenten sind. Viele chinesische Elektronikhersteller, wie z.B. Huawei haben damit begonnen, massiv Lagerbestände aufzubauen, weshalb uns diese Teile nicht mehr wie gewohnt zur Verfügung stehen. Daraus folgt, dass künftig ein ganz anderes Augenmerk auch auf C-Teile zu richten ist. Damit wird Supply Chain Management immer mehr zum Risikomanagement. Ob pandemische Ereignisse, Großunfälle, Naturkatastrophen oder politische Krisen: Es gilt, so effizient wie möglich und so redundant wie nötig zu planen. Denn wir müssen uns darauf einstellen, dass solche Störungen immer wieder und vielleicht auch immer öfter auftreten.
Ist vor diesem Hintergrund eine Entwicklung zur Entglobalisierung zu erwarten?
Ich glaube im Prinzip nein, aber wir werden eine Verschiebung sehen. Die Industrienationen werden sich darauf besinnen, insbesondere kritische Prozesse, die in der Vergangenheit global ausgelagert waren, wieder in besser zu steuernde regionale Räume zu bringen. Das betrifft vor allem Kern- und Schlüsseltechnologien wie die Produktion elektronischer Bauteile, die Pharma-Lieferketten oder Autokomponenten. Je nach Risikoprofil wird man versuchen, in den nächsten Jahren - und es hat ja bereits begonnen - bestimmte Schlüsselkomponenten in Europa wieder aufzubauen bzw. zurück zu verlagern.
Das heißt aber nicht, dass eine Entglobalisierung stattfinden wird. Die Weltwirtschaft wird global vernetzt bleiben. Darauf beruhen maßgeblich Wachstum und Wohlstandsgewinne. Es wird lediglich versucht werden, jene Lieferanten, die man besonders dringend braucht, noch ein Stück weit näher an seine Produktionsnetzwerke heranzubringen. Das heißt zum Beispiel bei Zulieferungen von hier nach China oder Südamerika, dass man die Zulieferer dazu bringen muss, näher an den OEM-Werken weitere Zuliefererstandorte zu bauen, um die Lieferketten kürzer zu machen. Insofern wird es sogar ein Stück weit noch globaler, da die Anbieter und Lieferanten versuchen müssen, noch stärker, multinational vor Ort vor den Werken ihrer Kunden herzustellen oder zumindest eine ordentliche Lagerhaltung vorzuhalten.
Vor welche Herausforderungen werden Interim Manager im SCM-Umfeld in der Zukunft gestellt?
Die Herausforderungen ergeben sich zwangsläufig aus dem, was ich gerade gesagt habe. Grundsätzlich geht es darum, die Versorgung sicherzustellen, also globale Produktionsstrukturen auch lokal versorgen zu können. Das bedeutet auch ein Stück weit zu überlegen, ob sich alternative Materialien oder Technologien einsetzen lassen. Dazu gibt es ein ganz aktuelles Beispiel von Peugeot. Da sie für digitale Instrumente derzeit keine Chips mehr haben, bauen sie beim Modell 308 jetzt wieder analoge Tachos ein und bieten das Auto dafür 400 Euro billiger an. Aber zumindest können sie produzieren.
Übergreifend sind wir im Moment in nahezu allen Bereichen ziemlich knapp. Ob bei Metallen wie Kupfer oder sogar bei Kunststoffgranulaten. Hier lautet die Herausforderung für den Supply Chain Manager als Technologie- und Veränderungstreiber auch alternative Möglichkeiten in den Blick zu nehmen, um die drohenden Engpässe schon strategisch auszubremsen und das Unternehmen in Richtung resiliente Lieferprozesse zu steuern.
Was können INTERIM EXECUTIVES dazu beitragen?
Der wesentliche Vorteil eines erfahrenen Interim Executives gegenüber Experten, die sonst im Unternehmen tätig sind, ist, dass er sehr viele unterschiedliche Branchen kennt, die Netzwerke gut versteht und unterschiedliche Technologien überblickt. Damit ist er der Innovationstreiber für die Supply Chain, die sonst oft nur als reine Beschaffungs- oder Logistikstruktur betrieben wird. Der Interim Executive setzt Impulse, die Produkte von der Produktentwicklung bis zur Auslieferung in Zukunft so zu gestalten, dass das Unternehmen gegen Krisen gewappnet ist und trotzdem weiter produzieren kann. Dem geht ganz wesentlich voraus, ein massives strategisches Risikomanagement aufzubauen, um für unterschiedliche Anforderungen und Szenarien alternative Lösungen und Handlungsoptionen vorauszudenken.
Sind das bereits Erfahrungswerte von Dir oder ist das erst durch die Pandemie gekommen?
Es gibt bei allen Materialien schon immer gewisse Wellenbewegungen. Ständig sehen wir Angebots- und Nachfrageschwankungen. Im Moment ist es so, dass Märkte wie Asien plötzlich wieder angesprungen sind. Der Konsumstau, etwa im Automobilsektor oder im Fast Moving Consumer Good-Bereich, ist sprunghaft nach oben gegangen. Wenn aber alle gleichzeitig auf das gleiche Material zugreifen wollen, um ihre Lieferketten zu sichern, dann entsteht schnell ein Boosting-Effekt, in dem sich Knappheiten, Preissteigerungen und weiter wachsende Nachfrage immer weiter hochschaukeln. Das lässt sich jedoch ändern, indem man sich nicht bloß darauf fokussiert, günstige Einkaufspreise abzusichern, sondern wirkliche Liefersicherheit zu gewährleisten, indem man etwa Mengenkontrakte vereinbart und die Lieferanten dazu bringt, die entsprechenden Lagerkapazitäten aufzubauen und vorzubehalten.
Wie sieht es aus mit Make-or-Buy-Entscheidungen?
Das würde ich hier ein bisschen unterschieden. Das klassische „Make“ wird es insofern nicht mehr geben, dass ich jetzt alles wieder selbst mache. Eher werden neue Allianzen entstehen. Ein schönes Beispiel ist Porsche, die derzeit für ihre Batteriefertigung ein neues Werk in Sachsen aufbauen. Das machen sie nicht selbst. Sie geben lediglich den Impuls und suchen sich dann jemanden, der es für sie tut. Das heißt: Nicht selbst machen, sondern Zulieferung im produktionsnahen lokalen Umfeld ansiedeln, um für die Kernkomponenten die nötige Liefersicherheit herzustellen. Das kann man schon aus Kosten- und Kapazitätsgründen natürlich nicht mit allen Elementen machen. Aber das, was entscheidend für das Produkt ist, also die kritischen Komponenten, das muss man näher an sich heranziehen, indem man entsprechende Kooperationen aufbaut, die einen in Krisenzeiten sicher versorgen.
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Unternehmensrettung in höchster Not
taskforce Manager Dr. Ulf Osmers führt angeschlagenen Maschinenbauer als CRO und CEO erfolgreich durch die Insolvenz.
Die international ausgerichtete Maschinenfabrik Möllers GmbH entwickelt und fertigt seit 1952 Maschinen und Anlagen für die Materialabfüllung, Palettierung, Verpackung und Verladung. Das Unternehmen aus Beckum bei Münster stellt mit ca. 200 Mitarbeitern hochwertige Abfüll- und Verpackungsanlagen sowie weitere maßgeschneiderte Produkte für Kunden in der ganzen Welt her.
Seit dem Tod des Unternehmensinhabers 2009 bewegt sich das Unternehmen unter wechselnden Führungskonstellationen in zunehmend angespannten finanziellen Verhältnissen. Nach wiederholten Verlusten konnten es nur Gesellschafterdarlehen am Leben erhalten. Vor diesem Hintergrund beschloss der Beirat im Herbst 2020, dem Geschäftsführer einen produktionsaffinen CRO zur Seite zu stellen. taskforce-Manager Ulf Osmers sollte Einsparungspotenziale auf der „Cash-Out“-Seite identifizieren und realisieren, während der Geschäftsführer auf der „Cash-In“-Seite den Vertrieb von Neuanlagen und Ersatzteilen vorantreibt.
Im Zuge der ersten Analysen stellte sich heraus, dass die größten Effizienzverluste nicht im direkten Produktionsbereich entstehen. Vielmehr verursachten eine unkoordinierte Projektabwicklung, intransparente Prozesse, nicht kostendeckende Implementierung gelieferter Anlagen sowie fehlendes Debitorenmanagement massive Effizienzverluste. Angesichts der sich immer weiter verschärfenden Liquiditätssituation wurde Ulf Osmers Anfang November 2020 schließlich zum interimistischen Alleingeschäftsführer berufen. Nach dem „ad-hoc“ Aufbau einer integrierten Finanzplanung und personellen Anpassungen im Führungskreis wurde schnell klar, dass sich das Unternehmen in akuter Insolvenzgefahr befindet. In enger Abstimmung mit dem Gesellschafter und dem Beirat wurden drei Szenarien bewertet:
- Restrukturierung nach Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG
- Insolvenz in Eigenverwaltung
- Aufgabe des Neuanlagengeschäfts und Konzentration auf das vernachlässigte Aftersales-Geschäft
Nachdem die beteiligten Banken einen Antrag auf einen unechten Massekredit zur Aufrechterhaltung der Liquidität im Rahmen der Insolvenz in Eigenverwaltung ablehnten, verblieb im Januar 2021 nur die Option einer Insolvenz im Regelverfahren.
In enger Zusammenarbeit mit dem Team des vorläufigen Insolvenzverwalters konnten in kürzester Zeit Prozesse etabliert werden, um das Tagesgeschäft am Laufen zu halten und bereits begonnene Anlagen fertigzustellen und auszuliefern. Durch vertrauensvolle Vereinbarungen mit langjährigen Kunden wurde z.B. eine Paletier- und Verpackungsanlage in kürzester Zeit innerhalb des vorläufigen Insolvenzverfahrens fertiggestellt.
Allen Beteiligten war bewusst, dass eine zügige Investorensuche z.B. Käufersuche gefahren werden musste, um den international nach wie vor guten Ruf der Möllers-Maschinen nicht nachhaltig zu beschädigen. Für den anstehenden Veräußerungsprozess wurden parallel zum Tagesgeschäft gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter und einem M&A-Berater in kurzer Zeit zahlreiche Management Präsentationen durchgeführt, der Datenraum befüllt, Businesspläne und Personalkonzepte erarbeitet sowie die ersten indikativen Übernahmeangebote bewertet.
Aufgrund seiner neutralen „Außensicht“ gelang es Ulf Osmers als erfahrener Interim und Restrukturierungsmanager die Investoren zu überzeugen, dass für das Kompetenz- und Leistungsportfolio des Maschinenbauers weiterhin signifikante Marktpotenziale bestehen. Wichtig war dabei die produktseitigen, personellen und prozessualen Defizite nicht zu verschweigen, die vom Erwerber im Zuge der Neuausrichtung unbedingt beseitigt werden müssen. Dass der Gläubigerausschuss abschließend mehrere Investoren zur Auswahl hatte, war ein zentraler Erfolg dieser Bemühungen. Mit der ARODO Gruppe aus Belgien wurde ein engagierter neuer Eigner gefunden, der sein bestehendes Geschäft im Rahmen einer „Buy-and-Build-Strategie“ weiter ausbauen und internationalisieren will.
taskforce-Manager Ulf Osmers freut sich besonders, dass am traditionellen Standort in Beckum die Produktion – wenn auch mit deutlich reduzierter Mannschaft – weitergehen wird und die Leistungsträger davon überzeugt werden konnten, gemeinsam mit Möllers den Neustart zu wagen. Ritterschlag eines jeden Interim Mandats ist das Angebot einer Festanstellung. Ulf Osmers hat sich jedoch entschieden, auf das reizvolle Angebot zugunsten seiner Interim Manager Karriere zu verzichten. Stattdessen steht er dem Investor und dem Insolvenzverwalter bis zum finalen Closing und der Etablierung tragfähiger Strukturen auch weiterhin interimistisch zur Verfügung.
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„Make or Buy“ – eine Frage des Stolzes? Effiziente Sourcing-Strategie statt riskanter Maschinenauslastung
Ausgangssituation
„Das haben wir schon immer selbst gefertigt, darin steckt unser Know-how.“
Selbst herstellen oder einkaufen – Make or Buy? – das ist eine Diskussion, die vor allem in der Produktion auf erheblichen Widerstand stoßen kann. Das scheint auf ersten Blick nachvollziehbar, denn vorrangiges Ziel der Produktionsleitung ist es doch, dafür zu sorgen, dass die Maschinen- und Montagekapazitäten möglichst ausgelastet sind. Gerade beim Einsatz neuer und noch wenig ausgelasteter CNC-Maschinen muss allerdings mit hohen Stundensätzen kalkuliert werden, die - bei einem ehrlichen Benchmark – in der Regel nicht wettbewerbsfähig sind. Zugleich neigen viele Produktionsleiter dazu, ihre Maschinen über Vollauslastung ihrer Kapazitäten verplanen zu lassen. Nicht selten müssen dann wegen „interner Lieferprobleme“ Fertigungsaufträge trotzdem kurzfristig und zu entsprechend erhöhten Kosten fremdvergeben werden. Zudem wird häufig argumentiert, dass man betriebseigenes Know-how nicht nach außen vergeben dürfe. Bei näherer Betrachtung betreffen die tatsächlich schützenswerten Komponenten oder Baugruppen oft aber nur einen ganz geringen Teil der Bauteile.
Da in der Regel nur das Material und die direkten Fertigungs- und Montagekosten betrachtet werden, scheint die Eigenfertigung im Vergleich zu – wenn überhaupt eher sporadisch und unstrukturiert – eingeholten Fremdfertigungsangeboten häufig noch wettbewerbsfähig zu sein. Also warum etwas ändern?
Die Lösung
Kosten der Eigenfertigung nach TCO-Gesichtspunkten ermitteln
Um ein klares Bild zu gewinnen, sollte die komplette Kostenanalyse der Eigenfertigung nach transparenten Gesichtspunkten der Total Cost of Ownership (TCO) erfolgen. Die Materialkosten lassen sich leicht ermitteln. Ähnlich verhält es sich mit den direkten Fertigungs- und Montagekosten über die erfassten Zeiten der BDE-Daten und die hinterlegten Stundensätze für Maschinen und Mitarbeiter.
Sehr viel schwieriger wird es bei der Ermittlung der sonstigen Kosten entlang der Supply Chain. Dies gilt unter anderem für die Aufgaben im Einkauf, der Arbeitsvorbereitung, im Wareneingang, der internen Logistik, anteilige Lagerhaltungskosten bis hin zur Betrachtung des Working Capital für Vor- und Rohmaterialbestände. Auch Abschreibungen und die Entsorgung von nicht mehr benötigtem Material dürfen nicht außer Acht gelassen werden.
Unzulängliche Zeichnungen und Stücklisten vervollständigen
Gerade bei der Eigenfertigung von Zeichnungsteilen, liegen häufig nur unvollständige Dokumente vor. „Die Produktion weiß ja, was sie wie zu fertigen hat“, lautet die einschlägige Haltung, auch wenn die Zeichnungen nicht immer alle Informationen, etwa bezüglich der Material- und Oberflächengüte, oder Passungen umfassen. Die Konstruktion wiederum scheut den Aufwand zur „Vervollständigung“ von technischen Zeichnungen und Vorgaben, die für eine detaillierte Lieferantenanfrage erforderlich wären.
Die Motivation, die Kosten für solche Warengruppen über globale Neuausschreibungen vergleichbar zu machen, vor allem aber neue Lieferanten zu qualifizieren, zu auditieren und anzulegen, hält sich häufig in Grenzen. Der Einkauf argumentiert mit nicht darstellbarem Ressourceneinsatz sowie mit Qualitäts- und Versorgungsrisiken. Die Qualitätssicherung hält einen erhöhten Prüfaufwand im Wareneingang für nicht realisierbar.
Dennoch ist die Erstellung vollständiger Bauteildokumente unerlässlich für eine Ausschreibung – und sei es nur, um die eigenen Kosten zu benchmarken. In Ergänzung zu der eigentlichen Bemaßung in den technischen Zeichnungen sollten hierbei unbedingt Prüfmaße gekennzeichnet werden. Dies erlaubt eine zielgerichtete und effiziente Qualitätskontrolle sowohl im Unternehmen, als auch beim Lieferanten, von dem darüber ein digital abgeleitetes Prüfprotokoll für den Warenausgang angefordert werden kann.
Durch schrittweises und effizientes Vorgehen beim Sourcing Zeit sparen
Bei der internationalen Suche nach potenziellen Lieferanten stößt man immer wieder auf Unternehmen, welche die gefragte Leistung zwar auf ihrer Website aufführen, diese allerdings nicht unbedingt der Kernkompetenz oder dem Geschäftsmodell entspricht. Um bereits in einem frühen Stadium „die Spreu vom Weizen zu trennen“, empfiehlt es sich, zunächst eine Auswahl von beispielsweise zehn „repräsentativen“ Zeichnungsteilen und Baugruppen zu treffen, die unterschiedliche Fertigungsanforderungen an den Lieferanten stellen. Diese ausgewählten Teile können in einer Anfrage-Matrix über allgemeine Angaben zu Material, Bearbeitungsschritten, Abmessungen und Jahresbedarf beschrieben und durch eine 3D-Skizze oder Foto ergänzt werden.
Die erstellte Matrix kann dann an einen breiteren Kreis potenzieller Lieferanten versandt werden. Dabei ist abzufragen, für welche der dargestellten Zeichnungsteile und Baugruppen aus technischer Sicht, aber auch in Hinblick auf die Jahresbedarfe Lieferinteresse besteht. Zudem ist die Unterzeichnung eines NDA einzufordern. Je nach Qualität der Rückmeldung der Lieferanten und der Kommunikation ist eine erste Eingrenzung geeigneter Lieferanten möglich. Aus der Longlist wird eine Shortlist.
Erst wenn ein angeschriebener Lieferant sein Interesse für die Lieferung einer oder mehrerer Zeichnungsteile oder Baugruppen bekundet und die geforderte NDA unterzeichnet hat, sollten konkrete Requests for Quotation (RFQ) zur Abgabe von detaillierten Angeboten versendet werden. Und erst dann ist auch die Übermittlung von technischen Daten und teils speicherintensiven CAD-fähigen Zeichnungen, sowie Stücklisten empfehlenswert.
Logistikkosten beim Angebotsvergleich beachten
Trotz der Angabe DDP - also frei Haus – nach der Internationalen Handelsklausel Incoterm kommt es erfahrungsgemäß immer wieder zu Angebotspreisen für Selbstabholung (EXW) bzw. zuzüglich Transportkosten oder frei Schiff am Verladehafen (FOB). Zur realistischen Gegenüberstellung und Bewertung der eingehenden Angebote sind alle Logistik- und Transport- oder Zollkosten zu berücksichtigen. Um diese Kosten entsprechend zu kalkulieren, können in erster Näherung Richtwerte von Speditionen in Abhängigkeit von Herkunftsland oder Entfernung, Losgewicht und Losvolumen angesetzt werden. Erst auf dieser Grundlage ist ein echter Vergleich der Angebote möglich. Aus der Shortlist kann nun eine finale Auswahl von Lieferanten erfolgen, mit denen konkrete Verhandlungen lohnenswert erscheinen.
Geschäftsleitung ist gefordert
Die Entscheidung, bislang eigengefertigte Teile fremd zu vergeben, muss letztlich von der Geschäftsleitung getroffen werden, da es nicht nur um die mögliche Weitergabe von Know-how oder um Einsparungen von Kosten geht, sondern auch um die Entwicklung von Lösungen für die freiwerdenden Kapazitäten. Am Ende dürfen aber weder bequem gewordene Prozessroutinen noch technische Eitelkeiten ausschlaggebend sein, sondern einzig der betriebswirtschaftliche Gesamteffekt für das Unternehmen .
Das Ergebnis
Mit einer gut strukturierten Sourcing-Strategie können in kurzer Zeit viele potenzielle internationale Lieferanten für eine Anbieter-Longlist identifiziert werden. Das beschriebene Screening-Verfahren erstellt daraus eine gut dokumentierte Shortlist und erlaubt auf Basis der eingehenden Angebote eine effiziente und zielorientierte Auswahl von Lieferanten für finale Qualifizierungen und Verhandlungen. Erfahrungsgemäß liegt das Einsparungspotenzial bei einer solchen Sourcing-Aktion bei mehr als 20 Prozent, bezogen auf die bisherigen Kosten der Eigenfertigung. Gute Gründe also, genauer hinzusehen.
Der Autor:
Berater, Interim Manager und Autor, Partner der taskforce.
DDIM-Vorstandsmitglied, zertifizierter Projektmanager (PRINCE2 und CIM).
Optimierung der Beschaffung, Supply Chain und Prozesse im Maschinen- und Anlagenbau, sowie produzierenden Gewerbe.
Tel: +49 8145 – 9966 40
Mail:
Web: www.taskforce.net
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Erfahrener CEO Niculae Cantuniar wird neuer Assoziierter Partner der taskforce
Seit 1. April ist Niculae Cantuniar neuer Assoziierter Partner der taskforce.
Mit vorzüglicher Branchenexpertise im Bereich ITC und Digitalisierung sowie langjähriger internationaler Erfahrung als General Manager und CEO übernimmt Niculae Cantuniar Mandate auf Geschäftsführungsebene. Seine Karriere verlief über Stationen bei Compaq, ASCOM Telecom, Xerox, Sun Microsystems, Dell, Cable & Wireless, Lexmark und als Vorstandsvorsitzender der Ricoh Deutschland. Er verantwortete Umsätze von bis zu 800 Millionen Euro und die Führung von bis zu 3.300 Mitarbeitern.
Der in der Schweiz diplomierte Physiker und INSEAD MBA verfügt über umfangreiches Know-how in der Leitung internationaler Unternehmen, umfassende Erfahrung bei der Gewinnung neuer Vertriebspartner und einen ausgeprägten Kunden- und Dienstleistungsfokus. Zu seinen Kompetenzfeldern zählen das Sales & Business Development einschließlich M&A, die Entwicklung und nachhaltige Durchführung von Transformationsprozessen auf Geschäftsführungsebene sowie die Performancesteigerung.
Niculae „Nic“ Cantuniar zeichnet sich durch starke unternehmerische Kompetenzen, breit gefächerte Erfahrungen in multikulturellen Regionen sowie hervorragende Motivations- und Führungsfähigkeiten aus.
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