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24.03.2020

Von taskforce Partner Dr. Heinrich Schülen

Wenn Großunternehmen einen Geschäftsbereich zum Verkauf aus dem Verbund lösen, wird die Vielzahl der dafür notwendigen Aktivitäten meistens von Mitarbeitern der Zentrale unterstützt. In mittelständischen Unternehmen, selbst mit größeren Organisationen, braucht das Management des herauszulösenden Geschäftsbereichs hingegen oft externe Unterstützung, um alle Aufgaben im engen Zeitrahmen erfolgreich bewältigen zu können. Zwar bedienen sich Unternehmen regelmäßig der Hilfe externer Experten, wie Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer, dennoch bedeuten die zusätzlichen Aufgaben für das operative Management eine extrem starke Zusatzbelastung.

So müssen zahlreiche Aufgaben und Veränderungen unter hohem Zeitdruck gleichzeitig bewältigt werden. Dazu zählen u.a. statuarische Angelegenheiten (Ausgründung, Gesellschaftsverhältnisse etc.), die Kunden- und Lieferantenpflege, die Übertragung aller Arten von Verträgen, der Aufbau eigener Service- und Stabsabteilungen, die nach dem Carve-out nicht mehr zur Verfügung stehen wie HR, Rechnungswesen oder Export, die Aufteilung und Umzüge ganzer Werke, Umschreiben von Mietverträgen, die Neuzuordnung von Mitarbeitern oder die Trennung und Bewertung des Umlaufvermögens. Besonders heikel sind dabei jene Maßnahmen, die den Kern des operativen Geschäfts berühren. Im vorliegenden Fallbeispiel war das der gesamte Order-to-Cash-Prozess.

Aufgabe des Programm Managements war es, für den IT-CarveOut

  • die gesamte IT-Infrastruktur an allen vier Standorten auszutauschen und auf den neuesten technischen Stand zu bringen;
  • an zwei Standorten die bisherigen ERP-Systeme durch ein einheitliches neues abzulösen;
  • sowie zahlreiche kleinere Applikationen für die neue Gesellschaft zu klonen und deren Datenbestände zu trennen.

Unter all diesen Aufgaben war die ERP-Ablösung die Anspruchsvollste: Über 4.000 Artikel, 30.000 Teile, zahlreiche Kunden und Lieferanten – für alles waren Stammdaten zu bereinigen und zu migrieren. Für die Transaktionsdaten – im Wesentlichen die zum Stichtag offenen Aufträge und das gesamte Umlaufvermögen – waren genau definierte Zustände (z. B. Meilensteine) herzustellen, zu inventarisieren und zu bewerten; und dies nicht nur in den Werken, sondern auch draußen auf den Baustellen des Anlagenbauers. Für Kunden, die einem Vertragsübergang auf die neue Tochtergesellschaft nicht zugestimmt haben, mussten Sonderregelungen getroffen werden.

Vorgehen in drei Phasen

Mit nur drei Monaten Zeit für die Ablösung des ERP-Systems im Stammhaus kam es in der ersten Phase darauf an, sich ganz auf die betriebskritischen Basis-Funktionalitäten zu konzentrieren. Durch den frischen und unvoreingenommenen Impuls des externen Managers konnte rasch ein konstruktiv und effizient arbeitendes Kernteam gebildet werden. Über die oft strittige Frage, was kritisch ist und welche Risiken oder Ineffizienzen, z. B. durch verstärkte manuelle Arbeit, im Übergang bewusst in Kauf genommen werden können, wurde im vertrauensvollen Austausch schnell Konsens erreicht.

Das spannende Wochenende des eigentlichen Übergangs sowie der Neustart der wichtigsten Funktionalitäten in der folgenden Woche verliefen nahezu reibungslos. Die zuvor maßvoll heruntergefahrene Fertigung wurde umgehend wieder hochgefahren und nach nur vier Tagen bereits die erste Lieferung und entsprechende Rechnung versandt.

In der kurz nach dem CarveOut-Stichtag beginnenden zweiten Phase galt es dann, die größten Risiken des täglichen, operativen Geschäftsbetriebs zu eliminieren. Dazu wurden Werke und Lieferketten reaktiviert, Stammdaten an die neue Situation angepasst sowie Mitarbeiter am neuen ERP-System tiefergehend geschult und von ihren Gruppen- oder Abteilungsleitern als Key User begleitet.

In der dritten Phase wurde schließlich das neue ERP-System mehr und mehr zur Steuerung des Geschäfts eingesetzt und in den Regelbetrieb überführt. Reports und System-Erweiterungen zur Beurteilung der gesamten Pipeline und ihrer Bestände sowie zur Umsatzplanung etc. wurden geschrieben. Zusätzlich wurden weitere Funktionalitäten wie z. B. Factoring oder Zeiterfassung eingeführt.

Der Beitrag des Interim Programm Managers bestand über die gesamte Laufzeit des Mandats darin, umgehend ein performantes Kernteam zu bilden und zielorientiert zu führen sowie die wichtigsten und dringendsten Themen zu identifizieren und konsequent zu steuern. Als zentrale Schnittstelle zum Management stellte der Interim Manager jederzeit Transparenz über die Projektfortschritte her und führte wichtige Entscheidungen schnell herbei. Obwohl einige Team-Mitglieder bereits Erfahrung mit einem ERP-Wechsel hatten, hat der Einsatz eines erfahrenen Externen mit neutralen und übergreifenden Blick dafür gesorgt, solch enge Zeitpläne einzuhalten und damit hohe Kosten eines Misslingens zu vermeiden.