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02.10.2022

taskforce Partner Thomas Koch über Herausforderungen und Werthebel in Mandaten für Kapitalbeteiligungsgesellschaften und Portfoliounternehmen.

Thomas, Du bist seit über 25 Jahren mit der Umsetzung von komplexen Business-Transformationen in internationalen mittelständischen und familiengeprägten Unternehmen befasst. In den letzten Jahren kommen Interim Mandate immer häufiger von Kapitalbeteiligungsgesellschaften oder einer Portfoliogesellschaft. Was ist das Besondere an diesen Projekten?

Thomas Koch: Am markantesten ist sicherlich das Dreiecksverhältnis zwischen erstens, den Kapitalbeteiligungsgesellschaften, zweitens, ihrer zumeist mittelständisch geprägten Portfoliogesellschaft und drittens, dem Interim CFO – und nicht selten spielt auch noch der Unternehmensgründer eine wichtige Rolle. Diese Konstellation hat Folgen sowohl für die Auftragsklärung als auch für die Durchführung: Wer ist mein Auftraggeber? Wie ergebnisoffen ist der Auftrag? Wie erreiche ich einen belastbaren Vertrag, der die Erwartungen aller Parteien aufgreift? Wie gehe ich mit vertraulichen Anliegen und unilateralen Vereinbarungen um?

Und wo liegen die inhaltlichen Schwerpunkte?

Auf der inhaltlichen Ebene sind solche Mandate meistens mit einem tiefgreifenden, oftmals radikalen Transformationsprozess mit zahlreichen strukturellen, prozessualen und kulturellen Veränderungen verbunden. Stichworte sind hier Post Merger, Restrukturierung, Produktionsverlagerung, Digitale Transformation, Buy&Build, Internationalisierung etc. Gemein ist diesen Projekten zudem ein sehr hohes Tempo. Die Investorenseite erwartet eine schnelle Umsetzung des Business Case. Die mittelständischen, oft familiengeprägten Unternehmen werden aber von den meist neuen und hohen Erwartungen hinsichtlich finanzieller Führung, Reporting, Zusammenarbeit und Kommunikation nicht selten überfordert. Das, was sich viele Jahre sukzessive entwickelt hat, soll oft von heute auf morgen einen Quantensprung vollziehen. Das kann im Extremfall zu einem regelrechten „Clash of Cultures“ führen, in dessen Folge Missverständnisse und Konflikte quasi vorprogrammiert sind. Dabei fehlt es den erworbenen Unternehmen in der Regel nicht an Willen, sondern schlicht an finanzwirtschaftlichem Wissen, Können und Erfahrung in Bezug auf die veränderten Anforderungen.

Das klingt nach einer auch anspruchsvollen Ausgangssituation. Wo liegen die zentralen Herausforderungen?

Nach meiner Erfahrung geht es im Portfoliounternehmen im Kern um die erfolgreiche Transition vom Gründer zum Managementteam. Es dreht sich also um den berühmten Mindset – allerdings auf beiden Seiten. Denn viele Investoren müssen schmerzhaft lernen, dass der Change nicht so, und nicht so schnell erfolgt, wie es in der Strategie angenommen wird. Deshalb gilt es, eine für alle Beteiligten gute Balance zu finden zwischen der zahlengetriebenen und ergebnisorientierten Finanzwelt und der gewachsenen. immer auch emotional geprägten Wirklichkeit mittelständischer Unternehmen. Es geht darum, „Bewahren“ und „Verändern“ zugleich zu ermöglichen, auch Shareholder Value und Human Capital Value zusammenzudenken oder pointiert gesagt, Wertschöpfung mit Wertschätzung zu verbinden. Wenn man bereit ist, „Entweder-oder-Fragen“ im „Sowohl-als-auch“-Modus zu begegnen, finden sich immer wieder Lösungen, von denen beide Seiten profitieren.

Was heißt das konkret?

Das heißt zum Beispiel, dass insbesondere bei Buy&Build-Konzepten aber auch für den Post Merger attraktive Zielbilder entwickelt werden müssen, die für alle Stakeholder eine glaubwürdige Alternative zur oft über Jahrzehnte gepflegten emotionalen Anziehungskraft von Markenidentitäten, Gründermythen und Familiendynastien darstellen. Das heißt auch, dass veraltete Instrumente und Prozesse gegen transparente und investorenkonforme Finanz-Reporting-Systeme ausgetauscht werden müssen, um das Vertrauen der Private Equity-Investoren und der Banken zu sichern. Hardware und Software solcher Systeme sind relativ schnell zu implementieren. Der Wandel in den Köpfen braucht aber Zeit – das geht nicht auf Knopfdruck.

Welche Schlussfolgerungen ziehst Du daraus?

Insgesamt stellt sich die Frage der Transformationsfähigkeit: Wie kann ein umfassender Umbau bei laufendem Betrieb gelingen? Wie machen wir ein Küstenmotorschiff hochseetauglich für den internationalen Wettbewerb? Wie können Double-Digit-Profitable Growth und Culture Transformation zusammen gehen? Und wo liegt die Belastungsgrenze der Organisation, nach deren Überschreitung ein „Organisations-Infarkt“ oder der Burnout des Management-Teams droht? Die meisten Unternehmen haben sich im Projekt- und Change-Management einfach noch nicht den Reifegrad erarbeitet, um so komplexe Transformationen erfolgreich umzusetzen.

Welche Rolle können erfahrene Interim CFOs im Dreieck mit Kapitalbeteiligungsgesellschaften und überwiegend mittelständischen Portfoliounternehmen übernehmen?

Wie immer kommt das natürlich maßgeblich auf den Zuschnitt das Mandats und die konkreten Rahmenbedingungen an. Generell würde ich sagen, dass Interim Manager besonders dann erfolgreich sind, wenn es ihnen gelingt, als politisch-unabhängige „Vermittler“ tragfähige Brücken zwischen den Welten zu bauen. Wer als pragmatischer und in der Sache neutraler Moderator die oft grundverschiedenen Welten durch kluge Dialogformate zusammenführen und hocheskalierte Konflikte und Positionen wieder versachlichen kann, der dient beiden Seiten als Anwalt der Sache und als Transformationslotse, der die gefährlichsten Untiefen kennt und zu umschiffen weiß.

Welche Fähigkeiten braucht es, um diese Lotsenfunktion auszufüllen?

Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit PE-Gesellschaften, Finanzinvestoren und LBO-Banken sind unabdingbar. Zum Pflichtprogramm gehören zudem eine ungeschönte Auftragsklärung, eine realistische Bestandsaufnahme als Quick Check für die Umsetzung des Business Case sowie die Etablierung eines performanten Projektmanagements, neuer Führungsroutinen und Meeting-Systeme. Bewährt hat sich in meinen Mandaten auch das Vorleben neuer Prozesse und Methoden, d.h. die pragmatische Vermittlung von operativem Wissen im Tandem.

Kommunikativ ist „Zweisprachigkeit“ Pflicht. Das heißt, ich muss als Interim Manager die Sprache der Kapitalseite ebenso verstehen, sprechen und übersetzen können, wie jene des mittelständischen Unternehmens mit seiner oft ebenso idealisierten wie wirkmächtigen Heritage. Über diese Anschlussfähigkeit hinaus braucht es die Fähigkeit, Mehrdeutigkeiten auszuhalten. Die Dinge haben eben doch meistens mehr Seiten, als es den Beteiligten zunächst bewusst und lieb ist. „Family Culture eats Investor Case for breakfast“, könnte man frei nach Peter Drucker sagen. Sich davon nicht beirren zu lassen und stattdessen unterschiedliche Sichtweisen und Interessen in gemeinsame Zielbilder und pragmatische Lösungen zu übersetzen, das ist die Kür. So wird der Interim CFO im Private Equity-Sektor vom „Vakanzüberbrücker“ zum wertgenerierenden „Partner des Wandels“ in tiefgreifenden Transformations- und Exit-Prozessen.

Herzlichen Dank für diese Einblicke, Thomas.