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26.11.2019

Von Dr. Ronald Roos

Selbst erfolgreiche Unternehmen haben große Schwierigkeiten qualifizierte Mitarbeiter zu binden. Dabei sind motivierte, selbständig denkende und handelnde Menschen die Voraussetzung dafür, sich im schnell ändernden Wettbewerbsumfeld behaupten zu können. Werden die Anforderungen an Führung damit bereits insgesamt komplexer, ist die Führungsaufgabe bei Restrukturierungen noch herausfordernder. Besonders dann, wenn die Kompetenz und das Wissen von Mitarbeitern noch einige Zeit benötigt werden, die Trennung von ihnen aber unumgänglich ist.  

Die Unterstützung der Leistungsträger ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor

Bei Restrukturierungen sind regelmäßig harte Entscheidungen bis hin zum Personalabbau unvermeidlich. Restrukturierungsmaßnahmen sind zu erarbeiten und die Aufgaben von ausscheidenden Kollegen sind neu zu verteilen. Entsprechend steigen Stress und Arbeitsbelastung aller Mitarbeiter, die sich zudem um ihre persönliche Zukunft sorgen. 

Demgegenüber steht ein mit der Restrukturierung beauftragter externer Manager, der ohne langjähriges Detail- und Hintergrundwissen eine neue Perspektive für das Unternehmen entwickeln muss. Gelingt es ihm nicht, die Leistungsträger für sich zu gewinnen, entstehen unverhältnismäßig hohe Kosten für Unternehmensberater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer oder die Restrukturierung scheitert vollständig.

Der Fels in Brandung

Hohe Fach- und Umsetzungskompetenz, Analysefähigkeit, schnelle Entscheidungsfähigkeit und große Frustrationstoleranz sind lediglich die Grundvoraussetzungen eines guten Restrukturierers. Entscheidend ist jedoch die Fähigkeit, Menschen auch in komplexen Situationen zu überzeugen und auf ein Ziel einschwören zu können. Dafür ist absolute Ehrlichkeit die Grundvoraussetzung. In keinem Fall dürfen falsche Versprechungen gegeben werden. Unangenehme Entscheidungen - besonders die Trennung von Mitarbeitern - sind stets offen und zeitnah zu kommunizieren. Ansonsten entsteht ein irreparabler Vertrauensverlust.

Verhält sich der Restrukturierungsmanager gegenüber den Mitarbeitern fair, kümmern sie sich meist engagiert um die verbleibenden Aufgaben. Viele entwickeln den Ehrgeiz, in der verbleibenden Zeit einen exzellenten Job zu machen.

Von ganz besonderer Bedeutung ist die existenzielle Dimension: Viele Mitarbeiter haben Angst, ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage zu verlieren. Daher muss durch klare vertragliche Regelungen unbedingt für Planungssicherheit und monetäre Anreize gesorgt werden: Bleibeprämien für den Übergang, Erfolgsboni und Abfindungen sowie der Beendigungszeitpunkt das Anstellungsverhältnisses sind umgehend zu vereinbaren. Je eher Klarheit herrscht, desto schneller widmen die Mitarbeiter der Erledigung der Aufgaben in der verbleibenden Zeit.

Das falsche Kostenargument

Der Fokus liegt oft auf der Einsparung von Personalkosten. Die erheblichen und nicht selten explodierenden Kosten für Rechtsanwälte, Unternehmensberater und Wirtschaftsprüfer finden hingegen oft wenig Berücksichtigung. In der Folge werden die Einsparungen durch das zu frühe Ausscheiden wichtiger Mitarbeiter, von den Mehrkosten für externe Unterstützung oft um ein Mehrfaches überschritten. Das wurde uns bei der Veräußerung eines Unternehmensteils deutlich vor Augen geführt. Die Rechtskraft des Verkaufs trat erst Monate nach Abschluss des Kaufvertrages ein. Bei einem zu frühen Ausscheiden der verantwortlichen Mitarbeiter wären wir gezwungen gewesen, externe Berater mit der Erledigung der verbleibenden Aufgaben und der Abwicklung der Transaktion zu beauftragen. Die Kostennachteile hätten sich aufgrund der notwendigen Einarbeitungszeit und hoher Tagessätze auf hunderttausende Euro summiert.

Berater leisten ohne Zweifel einen unverzichtbaren Beitrag bei Restrukturierungen. Eine ausufernde Belastung für das Unternehmen ist hingegen zu verhindern. Bei komplexen Vertragsbeziehungen oder langfristigen Projekten ist grundsätzlich das Erfahrungswissen des bestehenden Teams zu sichern.

Was bleibt

Klare Analyse, harte Entscheidungen und schnelle Umsetzung sind bei Restrukturierungen unumgänglich. Ein unfairer und rücksichtsloser Umgang mit Menschen ist hingegen unentschuldbar. Es geht um Respekt, Transparenz und Wertschätzung. Denn gerade in schwierigen Situationen bedingen sich wirtschaftlicher Erfolg und fairer Umgang gegenseitig.