von taskforce Partner Dr. Dieter Brenken
Environmental Social Governance (ESG) bedeutet für Unternehmen, Ihre Überlebensfähigkeit zugleich kritisch und innovativ neu zu gestalten. Hierzu müssen sie sich mit einer nachhaltigen Unternehmensstrategie klar gegenüber ihren Stakeholdern in der Ökosphäre, sozialen Sphäre und ökonomischen Sphäre positionieren.
1. Nachhaltigkeit: Woher bekomme ich Orientierung für die Unternehmensführung?
Klimawandel und ökologische Probleme sind Veränderungen unserer natürlichen Umwelt. Ihre abnehmende Regenerations- oder Anpassbarkeit verursachen Kipppunkte, deren Wahrnehmbarkeit häufig erst mit (naturwissenschaftlicher) Forschung dokumentiert, analysiert und prognostiziert werden kann. Schlussfolgerungen daraus sind durch Unschärfen, widersprüchliche Diskussionen und folglich Konflikte bei der Suche nach erfolgreichen Lösungen geprägt.
Wie können Unternehmen auf diese Herausforderungen reagieren? Eine relevante Unternehmensantwort beginnt mit einer Analyse, wie die Nachhaltigkeitssphären Umwelt und Gesellschaft und ihre Wechselwirkungen sich auf die eigene Wettbewerbsposition auswirken und welche wahrscheinlichen Zukunftsbilder sich daraus ergeben. Der so zu gewinnende ökologische Footprint gibt eine Orientierung zu der Grundsatzfrage “Planet first” statt “Profit first” und einem ursächlichen Verständnis. Ein Analyseeinstieg in die Vielfalt durchaus widersprüchlicher regulatorischer Initiativen und internationaler Standards erschwert eher das Finden strategisch relevanter Nachhaltigkeits- und Wettbewerbsmaximen.
2. ESG: Herausforderung an die Unternehmenstransformation
Die zentrale unternehmerische Frage ist: Befindet sich ein Unternehmen bereits in einer Krise der Nachhaltigkeit (Mobilität, Energie …), in der z.B. Regulatoren bereits eingreifen oder gibt es für das Unternehmen strategische Potenziale, um mit nachhaltigen Geschäftsmodellen seine Wettbewerbsfähigkeit mit regulatorischen Freiräumen sicherzustellen und weiterzuentwickeln (Bauen, Wohnen, Lebensmittel …).
Fundament und Maßstab dieser Standortbestimmung des Unternehmens sind das mobilisierbare Wissen und Können, vor allem aber auch seine Werte und Kultur sowie Kapitalausstattung, die die Handlungsfähigkeit und mögliche Übernahme von Verantwortung hinsichtlich seiner Nachhaltigkeit ausmachen.
Die zentralen Fragen für die Unternehmenstransformation lauten: Wofür soll das Unternehmen am Markt mit seinem Zweck, Werten, Prioritäten stehen und wohin soll es sich in den nächsten Jahren mit welchen Geschäftsmodellen, in welchem Ausmaß und Zeithorizont entwickeln.
Auch die Governance als Gesamtheit an Vereinbarungen und Praktiken, wie die Führung eines Unternehmens und sein Überwachungsorgan miteinander zusammenarbeiten sollen, muss sich wandeln. Auf dem Weg zur Sustainability muss die Governance neben den ökonomischen Zielen auch die sozialen und ökologischen Sphären des Unternehmens einbinden.
3. Strategieformulierung: Innovatives Denken zur unternehmerischen Konfliktbewältigung im ESG-Kontext
Ausgehend von der Unternehmensvision und -mission ist die Unternehmensstrategie nach den ökologischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen und Erfolgsfaktoren neu zu formulieren. Mittelfristige Programme oder Projektbündel sind auszuarbeiten. Wie und wo kann das Unternehmen nachhaltiger ausgestaltet werden und welche Maßnahmen müssen dazu ergriffen werden, um dabei seine Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen.
Kurz- und langfristige finanzielle und nicht-finanzielle Ziele sind zur Bewältigung u.a. folgender Konflikte auszubalancieren:
- Wo sind Nachhaltigkeitsinnovationen und -investitionen erfolgversprechend: Wo führt unternehmerisches Handeln direkt bei Rohstoffen, in Logistik und der Produktion oder indirekt durch Nutzung oder Entsorgung zu einem positiven Impact?
- Wie können Nachhaltigkeitsinvestitionen aus dem operativen Cashflow finanziert werden – Kostensenkungen und Effizienzsteigerungen – oder wird externer Cashflow erforderlich werden?
- Welche Investitionen sind für eine nachhaltige Wettbewerbsstrategie erforderlich und welche Divestments empfehlenswert, um auf den Märkten (Absatz, Finanzen, Mitarbeiter, Beschaffung …) bestehen zu können?
- Können ggf. anfänglich niedrigere Renditen nach der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie mittelfristig wieder verbessert werden?
In der Strategieverabschiedung macht ein integrierter Business Case zwischen Führung und Überwachungsorgan klar, auf welchen Zielen, Annahmen und Maßnahmen ein mehrjähriges Arbeitsprogramm des Unternehmens basiert.
4. Strategieumsetzung: Dimensionen einer gelingenden Unternehmenstransformation
Für die Transformation des Unternehmens entlang der an Nachhaltigkeitserfordernissen ausgerichteten strategischen Ziele müssen wenigstens folgende zentrale Dimensionen beachtet werden:
Die Neuausrichtung des Unternehmens verlangt die Finanzierung strategischer Programme. Hierzu ist den Finanziers (intern, extern) eine auf Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtete Equity-Story zu vermitteln, die transparent und glaubhaft darlegt, wofür und warum das Unternehmen die Finanzierung benötigt. Standards zu Sustainable Finance werden auch international vermehrt entwickelt und ihre Einhaltung verlangt.
Glaubwürdigkeit ist eine zentrale Qualität für erfolgreiche Personalführung. Eine auf Nachhaltigkeit gerichtete Stakeholder-Zielsetzung verlangt von Mitarbeitern zusätzlich eine deutlich über die traditionellen ökonomisch-technischen Zielsetzungen hinausgehende Fach- und Führungskompetenz. Damit Nachhaltigkeitsziele die richtigen Anreize für das Management bewirken, ist eine damit verbundene Incentivierung des (Top)Managements erforderlich.
Um bei der Umsetzung strategischer Programme sowohl die Risiken von Fehlentwicklungen als auch zusätzliche Chancen erkennen zu können, muss das Controlling und Risikomanagement um Nachhaltigkeitsaspekte im nicht-finanziellen Bereich weiterentwickelt werden (Sustainable Reporting) und für Transparenz sorgen.
Neben der operativen Organisation, die das Tagesgeschäft erledigt, sollte in einer mehrdimensionalen Organisation ein wirksames Programm- und Projektmanagement für die Umsetzung der strategischen Nachhaltigkeitsprogramme aufgesetzt werden. Hierbei sind exekutive Kompetenzen vorzusehen, um besonnenes, aber konsequentes Gegensteuern bei Fehlentwicklungen sicherstellen zu können.
5. Fazit: ESG-fokussierte strategische Unternehmenstransformation
Eine nach ESG verfolgte Unternehmensvision, -mission und -strategie reduziert für das Unternehmen deutlich die Komplexität. Dieser Kompass bietet bei Entscheidungen und Kommunikation gegenüber allen Stakeholdern eine klare Orientierung.
Die kontinuierliche Transformation des Unternehmens zu einem ebenso nachhaltig wie profitabel im Wettbewerb agierenden Unternehmen muss trotz Dilemmata, Widerständen und Konflikten sichergestellt werden.