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23.09.2024

Von unserem Partner und Interim CRO Dr. Ronald Roos

Ausgangssituation

Das deutsche Gesellschaftsrecht räumt Minderheitsgesellschaftern eine Vielzahl von Rechten ein. Manche Minderheitseigner neigen dazu, ihre Zustimmung zu wichtigen Entscheidungen von weitgehenden Zugeständnissen des Mehrheitsgesellschafters abhängig zu machen, um ihre persönlichen Ziele durchzusetzen.

An einem Portfoliounternehmen eines Private Equity Fonds war der Gründer noch als Minderheitsgesellschafter beteiligt und auch als einer der Geschäftsführer tätig. Vertraglich war eine Call Option vereinbart, die dem Fonds das Recht einräumte, die Minderheitsbeteiligung zu einem vereinbarten Kaufpreis zu erwerben. Die Geschäftsentwicklung wich im Zeitablauf jedoch signifikant von dem gemeinsam verabschiedeten Businessplan ab. Zudem konnte über die zukünftige Strategie des Unternehmens keine Einigung erzielt werden.

Aus Sicht des Minderheitsgesellschafters war ein weiteres hohes finanzielles Engagement des Mehrheitsgesellschafters unabdingbar. Alternativ bot er an, gegen Zahlung einer Abfindung seine Position aufzugeben. Er knüpfte dieses Angebot allerdings an die Bedingung, dass der Fond seine Anteile zu dem in der Call Option festgelegten – aus aktueller Sicht zu hohen –Kaufpreis übernimmt. Er ging dabei offenbar davon aus, dass ein Scheitern des Unternehmens für den Mehrheitseigentümer keine tragfähige Alternative sei. Damit lag er falsch. Die Verantwortlichen des Fonds waren nicht bereit, unkontrolliert weitere Beträge zu investieren. Da die Situation für den Fonds Neuland war, engagierte er zur Unterstützung einen erfahrenen Interim Executive.

Maßnahmen

Die Fronten waren so verhärtet, dass die Trennung von dem Minderheitsgesellschafter unvermeidbar wurde. Wir legten ihm daher ein Angebot zur Beendigung seines Anstellungsvertrags und zum Erwerb seiner Anteile vor. Letzteres lag jedoch deutlich unter dem in der Option festgelegten Betrag. Gleichzeitig wurde ihm mitgeteilt, dass eine weitere Finanzierung des Unternehmens mit ihm als Mitgeschäftsführer ausgeschlossen sei.

Dem Minderheitsgesellschafter wurde klar, dass er zwischen zwei Optionen wählen musste: Erstens einer Insolvenz und den damit für ihn verbundenen finanziellen Verlusten und Beeinträchtigung seiner beruflichen Reputation oder zweitens, einem gesichtswahrenden Ausscheiden zu aus seiner Sicht nicht optimalen, aber akzeptablen Konditionen. Er entschied sind für letzteres.

Parallel zu den Verhandlungen erarbeiteten wir einen neuen Businessplan, mit dem wir Mitarbeitern und Geschäftspartnern zeitnah eine positive Perspektive aufzeigen konnten. Als Interim Executive übernahm ich die Verantwortung für die Umsetzung des neuen Geschäftsmodells. Ein neuer Geschäftsführer wurde innerhalb weniger Monate gefunden, eingestellt und eingearbeitet.

Ergebnis

Eine Erfolgsgarantie konnte es in diesem Fall nicht geben. Wir wussten nicht, wie sich der Minderheitsgesellschafter entscheiden würde. Das Eintreten des Worst Case-Szenarios lag absolut im Bereich des Möglichen. Wir wussten aber, dass jede andere Entscheidung die Situation nur verschlimmert und das Problem in die Zukunft verschoben hätte.

Oft ist es das Eingehen von Risiken die einzige Möglichkeit, sich aus einer schwierigen Situation zu befreien. Gute Entscheidungen zu treffen, heißt daher auch, sich der damit verbundenen Risiken und Befürchtungen bewusst zu werden und sich ihnen zu stellen. Am Ende war die Bereitschaft des Private Equity Fonds, einen Totalverlust seines Engagements in Kauf zu nehmen, dann ausschlaggebend dafür, diesen zu vermeiden. „Dinge ganz oder gar nicht tun“ ist besonders in Krisen eine der wichtigsten Handlungsmaximen.

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