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05.11.2024

taskforce INTERIM EXECUTIVE DR. MARCUS KIND, Experte für strategische und operative Restrukturierung, im Gespräch über die Bedeutung des Produktportfolios als starker Werthebel für Wachstum und Investoren-Renditen

Private Equity-Gesellschaften müssen sich neben der Finanzierungsstruktur auf die Steigerung des Marktwerts ihrer Beteiligungen fokussieren. Ein häufig vernachlässigter Hebel liegt in der Optimierung des Produktportfolios.

Marcus, aus Deiner Sicht als erfahrener CRO, was sind typische Anzeichen für ein schlecht austariertes Produktportfolio?

Typische Symptome eines Produktportfolios, das den Renditezielen und Kundenerwartungen nicht gerecht wird, sind Marktanteilsverluste, zusätzliche Kosten für Lagerhaltung und Infrastruktur sowie hohe Qualitätskosten. Weitere Anzeichen sind zudem eine geringe Skalierbarkeit der Geschäftsprozesse, ineffiziente und überlastete Entwicklungsabteilungen, lange Vorlaufzeiten oder auch verschobene Produkteinführungen.

Ein unausgewogenes Produktportfolio führt meist dazu, dass ein Großteil der Investitionen und Ressourcen zur Bestandspflege verwendet wird. Für Innovationen verbleiben dann zu wenig Mittel. Selbst wenn es gelingt, mit der Einführung neuer Produkte größere Produktionsvolumina zu realisieren, bleibt die Gesamtprofitabilität des Portfolios aufgrund ineffizienter Prozesse oft hinter den Möglichkeiten zurück. Für manche Unternehmen kann das sogar existenzbedrohend werden.

Was können Unternehmen tun, um ihr Produktportfolio zu optimieren?

Grundsätzliches Ziel sollte es sein, das Portfolio zu vereinfachen, Produkte besser auf den Kundennutzen abzustimmen sowie den Aufbau eines modularen Systems zur Komplexitätsreduktion in Erwägung zu ziehen.

Dazu müssen vor allem die verfügbaren Ressourcen strategisch priorisiert und Synergieeffekte zwischen den Portfolioprodukten realisiert werden. Es gilt das Verhältnis zwischen profitablen und investiven bzw. innovativen Produkten zu harmonisieren, die berüchtigten „Poor Dogs“ abzukündigen und jegliche Kannibalisierungseffekte im Portfolio zu vermeiden. Das dabei die strategisch-regulatorischen Anforderungen hinsichtlich Cyber Security, KI-Compliance, Datenschutz, Dekarbonisierung und Intellectual Property berücksichtigt werden müssen, versteht sich von selbst.

Das klingt nach einer anspruchsvollen Agenda. Wo liegen die Hürden?

Bei der konkreten Ausrichtung des Angebots- und Leistungsspektrums kommt es immer wieder zu Zielkonflikten zwischen technischer Standardisierung und marktseitiger Positionierung bzw. Differenzierung. Die müssen prioritär angegangen und aufgelöst werden. So vertritt beispielsweise der Deutschlandvertrieb die Ansicht, dass zum Ausbau der Marktposition seine Kunden neue Produkte erwarten, gleichzeitig aber das komplette bisherige Sortiment bereitgestellt werden muss. Die Tochtergesellschaft in China verlangt vor allem nach kostengünstigen Produkten, um dem lokalen Wettbewerb standhalten zu können.  Der Produktionsleiter ist primär daran interessiert, die Kosten für veraltetes und wartungsintensives Produktionsequipment sowie die Lager- und Rüstkosten zu senken. Und die Beschaffung möchte die Vielfalt an Komponenten reduzieren, um Einsparpotenziale im Einkauf zu heben.

Die grundlegende Wertsteigerungslogik im Portfolio sollte darin bestehen, den wichtigsten Kundengruppen jene Produkte und Varianten zu bieten, die ihre Anforderungen abdecken und gleichzeitig die Komplexität durch erhöhte Effizienz in den Wertschöpfungsketten und Konsolidierung der Volumen zu reduzieren.

Wie könnte dies umgesetzt werden?

Produktportfolio-Management ist aus meiner Sicht eine strategische Kernaufgabe produzierender Unternehmen. Zentraler Erfolgsfaktor ist ein ganzheitliches und in der Unternehmensstrategie verankertes Produktportfolio-Management. Deshalb ist es unabdingbar, in den Leitungs- und Kontrollorganen eine gemeinsame Sicht auf die Portfoliostrategie zu entwickeln. Teilen hier alle Beteiligten die gleichen Prämissen, besteht auch grundsätzlich Einigkeit über die Ausrichtung des Portfolios. Auf dieser Grundlage muss das bestehende Portfolio dann analysiert und bewertet werden. In der Regel lassen sich hier oft bereits erste Sortimentsbereinigungen und Bauteilestandardisierungen als Quick-Wins umsetzen. Die bereits erwähnten Komplexitätssymptome lassen sich jedoch durch diese Maßnahmen nur kurzfristig lindern.  In den weiteren Schritten muss es daher darum gehen, über das Produktdesign und ggf. veränderte Konstruktionsprinzipen, nicht nur die Komplexität besser zu beherrschen, sondern darüber hinaus die Stabilität des Portfolios zu gewährleisten und Leistungssteigerungen zu realisieren.

In diesem Zusammenhang hört man häufig von modularen Systemen. Was ist darunter zu verstehen?

Hierunter versteht man zweierlei: Zum einen die Schaffung einer Produktarchitektur, bestehend aus verschiedenen Komponenten, die sich so kombinieren lassen, dass die vom Kunden geforderte Variantenvielfalt produktseitig abgedeckt und zum anderen gleichzeitig die Anzahl der für die Produktvielfalt notwendigen Bauteile, Software und Services, im besten Fall, für das gesamte Produktportfolio reduziert werden kann. Durch die Harmonisierung von Komponenten über verschiedene Produkte und ggf. Produktlinien hinweg kann die Effizienz und Agilität der Prozesse signifikant erhöht und können die Kosten gesenkt werden.

Wie lässt sich verhindern, dass das Produktportfolio wieder zu komplex wird?

Wertsteigerndes Produktportfolio-Management ist kein Selbstläufer, sondern aufgrund seiner vielfältigen funktionsübergreifenden Schnittstellen eine überaus anspruchsvolle Disziplin. Eindeutig ein Fall für die strategische Geschäftsleitung. Denn ein gut geführtes Portfolio-Management trägt wesentlich zur Beherrschbarkeit und Weiterentwicklung des gesamten Geschäftsmodells in den Dimensionen Markt und Branche, Produktentstehung, Fertigung sowie Lieferkettenmanagement bei.

Die Steuerung eines modularen Systems bedarf allerdings klarer Regeln zu Rollen, Verantwortlichkeiten, fachübergreifender Kompetenzen und des Aufbaus von Governance-Strukturen. Deshalb sollten Anpassungen der Organisation sowie der Führungs- und Unterstützungsprozesse geprüft werden. Um von einer modularen Strategie bestmöglich zu profitieren, empfehle ich Kunden darüber hinaus, sich nicht so sehr am „technisch Machbaren“ zu orientieren. Zur Vermeidung unnötiger Produktvarianzen bei der Gestaltung modularer Systeme muss vielmehr auf die wesentlichen Kundenanforderungen fokussiert werden. Gleichzeitig ist das Mapping der IT-Systeme und Datenarchitekturen ein wichtiger Faktor zur Effizienzsteigerung und Erschließung von Wertsteigerungspotenzialen. Das Schaffen gemeinsamer Datengrundlagen, die kontinuierliche Datenpflege sowie der synchronisierte Datenzugriff sind für den Aufbau modularer Systeme erfolgskritisch.

Marcus, herzlichen Dank für diesen Einblick in Deine Arbeit! 

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