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10.04.2025

Das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restruktu­rierungsrahmen für Unternehmen, StaRUG, bietet viele Möglichkeiten der Krisenbewältigung. Von Steffen Reusch, MBA, Rechtsanwalt und Geschäftsführer der BDO Restructuring GmbH.

Seit 2021 bietet das StaRUG vielfältige gesetzliche Hilfestellungen, um eine Krise oder gar Insolvenz eines Unternehmens zu vermeiden. Es stellt aber auch besondere Anforderungen an Risikofrühwarnsysteme und erhöht damit zunächst einmal die Haftungsrisiken für Unternehmensleitungen, Aufseher sowie Interim Manager in Organschaft. Grundgedanke des Gesetzgebers war es, den mit einer Insolvenz in der Regel verbundenen Verlust von Arbeitsplätzen und Vermögenswerten zu vermeiden, wenn die klassische Sanierung eines Unternehmens scheitert.

Zeichnet sich­ ab, dass nicht alle Betroffenen einem Restrukturierungsvorhaben zustimmen werden, kann mit dem StaRUG unter gerichtlicher Aufsicht auch eine von einer Mehrheit gewollten Sanierung auf der Basis des „kleinsten­ gemeinsamen Nenners“ der Beteiligten mit verbindlichen Regelungen für die Zukunft herbeigeführt werden. Dabei können sowohl der Kreis der Betroffenen als auch die Öffentlichkeitswirkung beschränkt werden. Mit der besseren Kontrolle und vorhersehbaren Gestaltung des Sanierungsprozesses unter StaRUG können Insolvenzen abgewendet und so Unternehmenswerte geschützt werden.

Zentrale Inhalte des StaRUG sind:

  • Besondere Compliance-Pflicht zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement – entscheidend ist die Überwachung der Liquiditätsentwicklung für einen Planungszeitraum von mindestens 24 Monaten.
  • Zur Vermeidung einer Insolvenz können verschiedene Instrumente modular auf den akuten Krisenfall angepasst und mit unterschiedlicher Intensität eingesetzt werden.
  • Voraussetzung ist ein tragfähiges Sanierungskonzept, das mit einem fundierten Restrukturierungsplan umgesetzt werden kann.
  • Gute und frühzeitige Vorbereitung sowie die nachweis­bare Erfüllung aller kaufmännischen Pflichten sind weitere Grundlagen, um rechtzeitig eine aktive Lösung gestalten zu können.
  • Neben der Unternehmensleitung werden auch die Aufsichtsgremien zur Krisenabwehr aufgerufen und in die Pflicht genommen.

Die Möglichkeiten des StaRUG

Das StaRUG schafft flexibel und modular anpassbare Lösungen, die eine frühzeitige und aktive Sanierung eines Unternehmens ermöglichen. Zunächst wird die „Kontrolle“ durch die Unternehmensleitung geschützt und das Eigenkapital eingebunden. Das Instrument der Sanierungsmoderation unterstützt die Lösungsfindung und ermöglicht darüber hinaus eine gerichtliche Bestätigung eines Sanierungsvergleichs, der vor einer insolvenzrechtlichen Anfechtung schützen kann. Damit sind keine besonderen Rechte oder Eingriffsmöglichkeiten in die Unabhängigkeit des Unternehmens verbunden; vielmehr stehen die Mediation und Unterstützung im Vordergrund.

Sollen weitergehende Ziele oder spezifische Unterstützungsmaßnahmen bei einem Restrukturierungsvorhaben verfolgt werden, ist auch dies nach dem StaRUG möglich. Dies gilt insbesondere für den Einbezug Dritter in Form des Restrukturierungsgerichts und eines sogenannten Restrukturierungsbeauftragen. Dies betrifft auch die gerichtliche Bestätigung eines Restrukturierungsplans, insbesondere wenn eine Mehrheitsentscheidung (mindestens 75%) herbeigeführt werden soll. Zur (schnelleren) Lösung von Konflikten kann zudem eine gerichtliche Vorprüfung beantragt werden, durch die die Rechtsauffassung des entscheidenden Gerichts frühzeitig ersichtlich wird. Geregelt werden können auch alle Arten von Forderungen und Sicherungsrechten, ausgenommen von Arbeitnehmerforderungen sowie Forderungen aus unerlaubter Handlung und staatlicher Sanktion.

Schließlich kann das Gericht eine Vollstreckungs- und Verwertungssperre­ (Stabilisierungsanordnung) für bestimmte oder alle Gläubiger mit einer Laufzeit von mehreren Monaten zur Absicherung eines geordneten Ablaufs anordnen. Zur Vermeidung von Reputationsverlusten kann die Restrukturierung mit besonderer Vertraulichkeit durchgeführt und gerichtliche Entscheidungen nur den Betroffenen bekannt gemacht werden.

Neben der Erfüllung der hier nur angedeuteten Pflichten zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement und der damit verbundenen Reduzierung der Risiken trägt die Umsetzung der formalen Anforderungen des StaRUG dazu bei, die Strukturen des Unternehmens gründlich zu prüfen und zu hinterfragen. Damit wird nicht nur die eigene Handlungsfähigkeit in einer möglichen Krise abgesichert, sondern auch ungenutzte Potenziale und Verbesserungsmöglichkeiten evident. Unabhängig von der gesetzlichen Verpflichtung unterstützt die Implementierung eines Risikomanagement- und Frühwarnsystems Unternehmen dabei, sich rechtzeitig auf Veränderungen von Märkten, Technologien und politischen Rahmenbedingungen vorzubereitet zu sein.

Aus Furcht die Kontrolle und im Worst Case das ganze Unternehmen in einer Insolvenz zu verlieren, haben Unternehmen frühzeitige Restrukturierungsmaßnahmen in der Vergangenheit häufig vermieden. Mit dem StaRUG besteht heute die Möglichkeit, mit einem modular einsetzbaren Prozess auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit ein Sanierungsziel − notfalls auch mit einer Mehrheitsentscheidung − zu erreichen und damit eine Insolvenz erfolgreich abzuwenden.

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