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07. Juli 2025

Insolvenz in Eigenverwaltung als zweite Chance

Practice Talk der taskforce AG mit unserem Partner und INTERIM CEO CRO Dr. Ronald Roos und unserem Geschäftsleitungsmitglied Caspar von Gadow

In unserem jüngsten Practice Talk mit über 70 Teilnehmern via LinkedIn sprach Caspar von Gadow mit Dr. Ronald Roos über Möglichkeiten und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Restrukturierung in Eigenverwaltung:

  • Warum ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung aus finanziell kritischen Situationen befreien kann und wie der rechtliche Rahmen oft mehr Chancen als Risiken bietet.
  • Wie es in schwierigen Situationen gelingt, sich selbst und andere zu führen, um schnell zu tragfähigen Entscheidungen zu kommen.
  • Wie ein Interim Manager in der CEO- oder CRO-Rolle die wichtigsten Stakeholder motiviert und Restrukturierungsmaßnahmen effektiv umsetzt.

In seinem Vortrag zeigte Ronald Roos welche Möglichkeiten das deutsche Insolvenzrecht bietet, sich von Verbindlichkeiten und bestehenden Verträgen zu befreien. Auch bei der Neugestaltung oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen besteht ein größerer Gestaltungsspielraum. Außerdem kann die Option für die auf maximal dreimonatige Übernahme der Lohn- und Gehaltskosten durch die Bundesagentur für Arbeit dem Unternehmen finanziell „Luft zum Atmen“ verschaffen, um Liquidität aufzubauen. Im Unterschied zu einem Regelverfahren bleibt die Geschäftsführung in der Verantwortung und wird dabei häufig durch einen Chief Restructuring Officer (CRO) unterstützt. Die Interessen der Gläubiger werden durch einen vom Gericht bestellten Sachwalter gewahrt. Wichtige Entscheidungen genehmigt der Gläubigerausschuss. Darüber hinaus empfiehlt sich stets eine durchgehende juristische Beratung zur Absicherung der Managemententscheidungen. Mit einem Insolvenzverfahren sind dennoch immer erhebliche Unsicherheiten verbunden. Um die damit verbundenen Belastungen möglichst schnell zu überwinden, empfiehlt Ronald Roos die Beachtung einiger wichtiger Erfolgsfaktoren.

Gute Vorbereitungen schaffen das Fundament

Zunächst muss unbedingt Klarheit über die Krisenursachen, die rechtlichen Beziehungen – bspw. der in der Insolvenz fortbestehenden Sicherungsrechte – sowie über die möglichen Optionen und Maßnahmen geschaffen werden. Von der Marktfähigkeit der Produkte und Dienstleistungen über die Produktionsprozesse bis hin zu den Distributionskanälen ist jeder Teil des Geschäftsmodells kritisch zu hinterfragen. Auch wenn häufig Kostenreduktionen eine wichtige Rolle spielen, sollten sie nicht allein im Mittelpunkt der Überlegungen stehen.

Sich selbst führen

Lieferanten holen gelieferte Ware wieder ab und stellen auf Vorkasse um. Banken drängen auf die Rückzahlung von Krediten. Leasinggeber erwägen, die Nutzung von Maschinen zu untersagen. Bei den Mitarbeitern entstehen existenzielle Sorgen. Um von solchen Situationen nicht überwältigt zu werden, sollte man sich von Anfang an die zahlreichen Probleme und Belastungen bewusst machen. Besonders die ersten Tage und Wochen sind überaus arbeitsintensiv und psychologisch herausfordernd. Ständig wird man mit unerwarteten Entwicklungen konfrontiert. Die rechtlichen Regelungen verkomplizieren die Abläufe zusätzlich und verlängern die ohnehin schon langen Arbeitstage. Der Fähigkeit, in dynamischen Situationen auch unter Ungewissheit schnell fundierte Entscheidungen zu treffen, kommt daher eine zentrale Bedeutung zu.

Menschen zu herausragenden Leistungen inspirieren

Menschen zu motivieren ist in der Krise eine herausfordernde Aufgabe. Dazu bedarf es Entschlossenheit, Beharrlichkeit, entschiedenes Agieren und Berechenbarkeit. Die eigenen Zweifel und Ängsten dürfen die Mitstreiter nicht belasten. Manager dürfen nicht das Eindruck hinterlassen, die Situation nicht unter Kontrolle zu haben. Der positive Effekt von guter Führung ist kaum zu überschätzen: Mitstreiter erbringen oft herausragende Leistungen, wenn man sie mit der eigenen Energie und eigenem Optimismus ansteckt.

Widerstände überwinden

Die meisten Menschen meiden Veränderungen und neigen dazu, Entscheidungen aufzuschieben. Change im Unternehmen klingt zwar positiv, aber nur solange die Veränderung nicht die eigenen Interessen betrifft. Dies gilt besonders dann, wenn sich die Dinge zunächst zum Negativen verändern, was bei Insolvenzen fast zwangsläufig der Fall ist. Klare Analysen, harte Entscheidungen und schnelle Umsetzungen sind in Insolvenzverfahren unumgänglich. Ein unfairer und rücksichtsloser Umgang mit Menschen ist jedoch unentschuldbar. Vorbehalte, Gerüchte und Ängste müssen konsequent ausgeräumt und alle Fragen zeitnah beantwortet werden. Es geht um Respekt, Transparenz und Wertschätzung.

Die knappe Zeit effektiv nutzen

Der mit zahlreichen Fristen verbundene Druck bei Restrukturierungen ist daher nicht nur hilfreich, sondern schlichtweg erforderlich. Schwierige Entscheidungen werden meistens erst getroffen, wenn sie unausweichlich erscheinen. Ein akzeptabler Kompromiss ist häufig nur dann erreichbar, wenn sich alle Beteiligten über die anderenfalls drohenden negativen Folgen im Klaren sind. Mitarbeiter sind erst zu einem Gehaltsverzicht bereit, wenn die Alternative der Verlust des Arbeitsplatzes bedeutet. Banken verzichten erst auf einen Teil der ausgereichten Darlehen, wenn die Alternative ein Totalverlust wäre. Und Vermieter sind erst zu einer Reduzierung der Miete bereit, wenn andernfalls ein kompletter Mietausfall droht. Dass für diese Kompromissbereitschaft auch die Eigentümer erhebliche finanzielle Beiträge zur Rettung des Unternehmens leisten müssen, versteht sich von selbst.

Den Neustart vorbereiten

Eine Insolvenz bietet die sonst kaum gegebene Chance zu einem echten Neustart. Dieser gelingt allerdings nur, sofern die Insolvenzphase konsequent genutzt wird. Die neue Gesellschaft muss sofort handlungsfähig sein. Daher sind alle essenziellen Organisationsstrukturen und Verantwortlichkeiten noch in der Insolvenz zu klären. Die Aufrechterhaltung des Kundenkontakts ist eine weitere Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Neubeginn. Auch wenn es etwa Produzenten von langlebigen Wirtschaftsgütern in der Insolvenz aufgrund von Zweifeln an ihren Garantieversprechen schwerfällt, neue Aufträge zu gewinnen, darf die intensive Kommunikation mit den Kunden niemals abreißen. Hier lässt sich mit Transparenz und Glaubwürdigkeit Verständnis schaffen und Vertrauen bestätigen. Unternehmen, die sich auch in der Insolvenz intensiv um ihre Kunden bemühen, können danach ihre Auftragsbücher oft schnell wieder füllen.

Das Erreichte feiern und das Gelernte nicht vergessen

Nach dem Ende der Insolvenzphase gilt es, mit allen Beteiligten den erfolgreichen Abschluss der herausfordernden Zeit angemessen zu feiern, was leider nur allzu oft vergessen wird. Eine solche Veranstaltung ermöglicht das gemeinsame Abschließen mit der Vergangenheit und macht die Köpfe für die zukünftige Ausrichtung frei. Spätestens jetzt sollte die möglichst gemeinsam entwickelte neue Firmenstrategie allen Stakeholdern vorgestellt und glaubwürdig vermittelt werden. Zugleich müssen alle noch nicht „rund laufenden“ Prozesse und Abläufe konsequent weiterverfolgt und kontinuierlich verbessert werden. Denn erst daran zeigt sich wirklich, ob und was das Management aus der Krise gelernt hat.

Achterbahn mit vielen metallenen Schienen zu Beitrag über die Reaktion auf Insolvenz

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