taskforce CEO Jens Christophers im Gespräch über Gründe, warum Interim Manager klassischen Unternehmensberatern überlegen sind, wenn es darum geht, Dinge tatsächlich umzusetzen.
Herr Christophers, auch ein Jahr nach dem ersten registrierten Fall in Deutschland, ist das Thema Corona, immer noch präsent. Welche Aufgaben stellen sich hier im Interim Management?
Die Corona-Pandemie, oder genauer gesagt der daraus folgende Lockdown, ist für viele Unternehmen ein echter Stresstest. Einige Branchen sind so hart betroffen, dass in vielen Firmen Restrukturierungen oder sogar Sanierungen bis hin zu Insolvenzverfahren anstehen. Aber auch für Unternehmen weniger betroffener Wirtschaftszweige hat sich gezeigt, wie gut sie betriebswirtschaftlich, strukturell oder digital aufgestellt sind.
Beginnen wir mit dem Restrukturierungsbedarf. Welche Vorteile bringen hier Interim Manager?
Restrukturierung ist eine Urdisziplin des Interim Managements. Das begründete früher einmal das „Feuerwehr“-Image unserer Branche. Heute decken Interim Manager längst die ganze Palette an Fach- und Führungsaufgaben im Management ab und werden von den Kunden auch für strategische Themen wie Aufbau und Weiterentwicklung eingesetzt. Aber in Krisenzeiten werden natürlich besonders Sanierungskompetenzen nachgefragt.
Was ist das Besondere an Mandaten in diesem Bereich?
Wenn restrukturiert werden muss, dann brennt meistens die Hütte oder zumindest Teile davon. Bei der Sanierung steht eher im Fokus, was überhaupt gerettet werden kann und was unter welchen Bedingungen neu aufgebaut werden muss. Das ist kein Job für Unternehmensberater und erst recht nicht für Berufseinsteiger. Hier braucht es in der Wolle gefärbte Manager, die sowohl auf der Brücke den Überblick über alles Wesentliche behalten als auch im Maschinenraum die richtigen Hebel in Bewegung setzen können. Der enorme Zeitdruck und die Vielzahl der beteiligten Stakeholder und Interessen machen Restrukturierungen zu besonders herausfordernden Mandaten. Nur wer mit Aufsichtsräten, Eigentümern, Investoren, Geschäftsleitungen und Banken ebenso souverän und kompetent reden kann, wie mit Mitarbeitern, Personalvertretern und Lieferanten, kann diesen Job überhaupt ausfüllen. Denn hier geht es ans Eingemachte.
Das klingt ziemlich tough.
Ja, aber so wie ein Chirurg mit dem Skalpell möglichst feine Schnitte setzt, um seinen Patienten zu kurieren, so nutzen auch erfahrene Restrukturierer stets das Instrument, das die wenigsten negativen Folgen mit sich bringt. Natürlich kann es dazu kommen, das ganze Bereiche geschlossen und unter Umständen auch Mitarbeiter umbesetzt oder sogar freigestellt werden müssen. Was mich dabei stört, ist die oft einseitige Bewertung in Medien und Öffentlichkeit. In Deutschland schaut man meistens auf die Zahl der abgebauten Stellen, nicht aber auf die Anzahl der Stellen, die durch den Abbau erhalten werden.
Und was die Härten betrifft: Erstens gehen tiefgehende Einschnitte nur in Abstimmung mit allen Entscheidern auf Grundlage eines tragfähigen Konzepts und zweitens sind erfahrene Fachkräfte eine viel zu wertvolle Ressource, als dass man sie ohne Not freigeben würde. taskforce-Manager folgen jedenfalls dem Anspruch, so „minimalinvasiv“ vorzugehen, wie möglich. Aber im Mittelpunkt steht letztlich immer die Genesung des Unternehmens.
Und wie steht es aus Ihrer Sicht um den digitalen Reifegrad? Home-Office und digitale Konferenzen haben offenbar überwiegend gut funktioniert.
Zunächst einmal haben die meisten Unternehmen ja nicht bei null angefangen. Schließlich arbeiten die meisten seit Jahrzehnten mit digitalen Systemen, einige sicherlich innovativer als andere. Dennoch fällt auf, dass auch nach bald zwei Jahrzehnten unter dem Label „Digitalisierung“ sich noch einiges Entwicklungspotenzial und sogar elementare Schwachpunkte zeigen. Zudem beschleunigt die technologische Entwicklung immer mehr. Was aber während des ersten Lockdowns auffiel, ist, in welcher Geschwindigkeit das Ausrollen digitaler Anwendungen von statten gegangen ist und wie schnell die Mitarbeiter diese Tools kennen, nutzen und auch schätzen gelernt haben. Wenn Krisen wie die Pandemie überhaupt etwas Gutes haben, sind es solche Booster.
Wie erklären Sie sich diese ungenutzten Potenziale?
Das ist natürlich ein Riesenthema und muss für jedes Unternehmen differenziert betrachtet werden. Aber aus der Erfahrung unserer zahlreichen Mandate lässt sich übergreifend sagen, dass wir es nicht mit Erkenntnisproblemen, sondern mit klassischen Umsetzungsproblemen zu tun haben. Trotz seiner Innovationskraft und großen Erfolgen in der Industrie 4.0 steht unsere Wirtschaft offensichtlich vor dem Problem, die Dinge zu theoretisch anzugehen. Häufig getrieben von komplexen Analysen externer Berater, entwerfen viele Unternehmen überaus anspruchsvoll zu steuernde Transformationsprogramme. Was dann als digitales Großprojekt mit vielversprechenden Ideen und großem Elan startet, bleibt nur allzu oft beim Roll-out in der Fläche hängen. Und wird es erstmal mühselig oder hängt das Projekt sogar fest, braucht es doppelte Kraft und Ressourcen, die beteiligten Bereiche und Akteure neu zu motivieren und den Karren wieder flott zu kriegen.
Was sind dafür die Gründe?
Das eine Thema ist der Fokus: Wer Digitalisierung will, muss in den Maschinenraum gehen. Das lässt sich aus meiner Sicht über nahezu alle Branchen und Unternehmen hinweg sagen. Zwar werden strategische Ziele meist am White Board formuliert. Doch wenn nicht von Anfang an die operativen Ebenen einbezogen und anspruchsvolle, aber erreichbare Teilziele definiert werden, werden digitale Programme schnell zu abstrakt und zugleich viel zu komplex. Im Zuge der Umsetzung kommen dann all jene Probleme und Widersprüche ans Tageslicht, die beim visionären Denken gerne ausgeblendet werden.
Ein zweiter Aspekt ist die Risikobereitschaft. Wer sich in allem doppelt und dreifach absichern will und bereits im ersten Schritt den großen Wurf landen will, bekommt seine PS nicht auf die Straße. Wir alle kennen das Loblied des Scheiterns, das aus dem Silicon Valley schallt. Aber die Amerikaner scheitern genauso ungern wie wir. Sie gehen nur mehr ins Risiko und verbuchen Fehlschläge als wichtige Lernpunkte. Wir Deutsche neigen bei Fehlversuchen hingegen dazu, nach Verantwortlichen zu suchen. Etwas mehr amerikanischer Spirit würde unserer Managementkultur sicher gut tun.
Was machen taskforce Manager anders, was das hauseigene Management nicht selbst leisten könnte?
Hier sollte man nicht in Defiziten denken. Selbstverständlich sitzen auf Kundenseite in der Regel hochkompetente und langjährig erfahrene Manager. Nur haben sie ganz andere Rollen, Haltungen und unweigerlich auch blinde Flecken. Den Unternehmen fehlen neben speziellem Know-how häufig einfach die nötigen Kapazitäten an erfahrenen Führungskräften. Anders als ihre fest angestellten Kollegen haben unsere Manager ganz andere Freiräume. Auch müssen sie auf Karrierepfade und Unternehmenspolitik kaum Rücksicht nehmen. Deshalb brauchen wir für ihren Einsatz von Anfang an klar umrissene Mandate – sonst können sie nicht wirksam werden. Das heißt natürlich nicht, dass sie dann im Auftrag der Eigner, Aufsichtsgremien oder des Top-Managements wie Bulldozer durch das Unternehmen pflügen können. Im Gegenteil. Sie müssen erst einmal ihre nicht selten skeptischen Manager-Kollegen und auch die Mitarbeiterteams für ihre Vorgehensweise gewinnen. Hier hilft es, dass der Umsetzungsdruck meist groß ist und die Auftraggeber endlich Ergebnisse sehen wollen.
Um das zu erreichen verfügen wir über die klassischen Interim Manager hinaus über eine Vielzahl von Programmmanagern mit langjähriger Erfahrung in der Projektsteuerung. Denn oft braucht es eine ausgewiesenen Projektsanierer, um die vereinbarten Ziele in Zeit, Budget und Qualität zu erreichen. Das geht meist nicht ohne Konflikte, die ein interner Manager verständlicherweise so nicht ohne weiteres eingehen würde.
Was müssen Interim Manager mitbringen, um erfolgreich zu sein?
Ich könnte jetzt viele Eigenschaften und Kompetenzen nennen. Sie sind in unserem jüngst neu herausgegebenen Buch „Das Prinzip Interim“ ausführlich dargestellt. Wenn ich einen Punkt herausheben soll, dann ist für mich der Wichtigste, dass sich gute Interim Manager im Gegensatz zu Beratern stets als Teil „ihres“ Kundenunternehmens empfinden und entsprechend für ihre Aufgaben echte Verantwortung übernehmen – Macher halt.