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11. Juli 2025

Der Nutzen von Public Affairs als Instrument des Risikomanagements

Von unserem Partner und INTERIM EXECUTIVE Dr. Marcus Kind

Für den Geschäftserfolg und die gesellschaftliche Legitimation multinational tätiger Unternehmen wird es immer wichtiger, alle wesentlichen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland, Europa und weltweit strukturiert zu erfassen und entsprechende Risiken durch geeignete Maßnahmen zu steuern.

Politische und gesellschaftliche Risiken sind meist qualitativer, nicht-linearer Natur und können sich über lange Zeiträume hinweg manifestieren. Sie wirken oft indirekt und ihre Eintrittswahrscheinlichkeiten sind im Vergleich zu finanziellen oder operativen Risiken schwerer abschätzbar. Der Umgang mit solchen Risiken erfordert spezielle Instrumente und Methoden wie etwa Szenariotechniken oder das Horizon Scanning, die dazu geeignet sind, einen hohen Grad an Komplexität und Unvorhersehbarkeit zu berücksichtigen. Bei der Risikofrüherkennung beziehen Public Affairs-Experten langfristige Trends und sich überlagernde Dynamiken aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in ihre Analysen ein. So tragen sie dazu bei, ein realistischeres Verständnis der Auswirkungen möglicher Risiken und deren Eskalationspfade auf Märkte und Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Um die Qualität des Risikomanagementprozesses zu verbessern, müssen Public Affairs-Manager über besondere Skills verfügen, z.B.

  • ausgeprägte Kompetenz bei der Erkennung von Interaktionsmustern in komplexen Beziehungsnetzwerken,
  • eine hohe Expertise bei der Synthese und Interpretation vielseitiger qualitativer Informationen und ihrer Wechselwirkungen,
  • ein politisches Systemverständnis,
  • ein gutes Gespür beim Aufbau von Loyalitätsbeziehungen,
  • die Beherrschung vielseitiger strategischer Kommunikationsinstrumente sowie
  • strategischen Scharfsinn und ausgezeichnete kommunikative Fähigkeiten.

Wie fragil selbst über Jahrzehnte etablierte Strukturen wie das transatlantische Verhältnis sein können, verdeutlicht die nationalistische Handelspolitik der Trump-Regierung mit ihren umfangreichen Auswirkungen auf internationale Handelsbeziehungen, Nachfrage und Marktstrukturen. Die in den USA verbreitete Kritik an der regulatorisch geforderten Beachtung von ESG-Vorschriften durch Unternehmen und institutionelle Anleger wird mittlerweile auch in Deutschland und Europa vertreten und bringt eine neue Dynamik in die gesellschaftspolitische Diskussion. 

Ein anderes Beispiel ist die von vielen KMUs nahezu unbemerkt im März 2024 verabschiedete Europäische KI-Verordnung, nach der KI-Anwendungen in verschiedene Risikoklassen eingeordnet werden und entsprechende Sicherheits- und Transparenzanforderungen erfüllt werden müssen. In Brüssel arbeitet hinter den Kulissen eine gewaltige Lobby-Maschinerie, mit der mächtige US-Technologiekonzerne massiven Einfluss auf die zukünftige Gestaltung dieses KI-Rechtsrahmens zu nehmen versuchen.

(Geo)politische und gesellschaftliche Risiken gehören zu den prägenden Einflussfaktoren auf die Geschäftsentwicklung. Deren Vernachlässigung setzt Unternehmen unnötiger Unsicherheit und finanziellen Risiken aus. Bei der Integration dieser Risikokategorien in ihre Risikomanagementsysteme sind Unternehmensführungen und Aufsichtsgremien mehr denn je gefordert. Wenn es im Grundsatz 16 des Deutscher Corporate Governance Kodex heißt, dass der Vorstand den Aufsichtsrat regelmäßig, zeitnah und umfassend über alle für das Unternehmen relevanten Fragen, insbesondere der Strategie, der Planung, der Geschäftsentwicklung, der Risikolage, des Risikomanagements und der Compliance informiert, dann ist damit auch die Unternehmensreputation gemeint.

Heute kann es Unternehmen schnell passieren, den Unmut einer zunehmend auf sozioökonomische und ethische Gesichtspunkte sensibilisierten Öffentlichkeit auf sich zu ziehen. Reputationsrisken stellen eine eigene Risikokategorie dar. Zur Aufrechterhaltung einer positiven Reputation ist es ebenso wichtig, dass gesellschaftliche Normen und politische Entwicklungen frühzeitig erkannt werden. Public Affairs und Reputationsmanagement müssen dazu Hand in Hand gehen.

Weitere Informationen zur Rolle von Public Affairs als Werthebel für nachhaltigen Unternehmenserfolg finden Sie hier.

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